Im Emirat waren mehrere Überraschungen zugleich Tagesgespräch. Erstmal zeigten sich gleich vier Minis aus dem Treburer Rennstall X-raid wie an der Kette aufgereiht an der Spitze. Dem hohen Favoriten Nasser Al Attyah, der sich gleich in der ersten Prüfung für 20 Minuten tief eingesandet hatte, gelang eine furiose Aufholjagd, die er zu einem 20-Minuten-Vorsprung (!) ausbaute. Er überholte schlicht alles, was vor ihm lag. Die 5. Etappe wurde wegen eines Sandsturms abgeblasen, da die notwendigen Rettungshelikopter nicht starten konnten. Somit ging es auf der Straße direkt nach Abu Dhabi zurück.
Dort stellten die Stewards fest, dass bei Nassers Mini die Federwege zu lang waren und nicht dem Reglement entsprachen: Disqualifikation. Die Ursache wohl: Bei dem enormen Tempo, mit dem der Quatari über Schotter und Dünen flog, ließen die Federratenkennungen nach, ermüdeten quasi und längten sich so in unsachgemäßer Weise. Da weder Team noch Fahrer Schuld daran hatten, blieb es bei der Disqualifikation ohne weitere Sanktionen der Prüfer.
Dadurch wurde der Zweite, Vladimir Vasilyev aus gleichem Stall nun Erster, der bis dahin Dritte, der Niederländer van Loon, spülte sich auf Platz 2. So stark war er noch nie. Nächste Überraschung: Der blutjunge Brite Harry Hunt machte seinem Namen alle Ehre, wurde Dritter und durfte gleich bei seinem Debüt als Wüstenfahrer mit aufs Treppchen. Die beiden versierten Toyota Hilux Overdrive-Teams mit Yazeed Al Rahji und Marek Dambrowski, die zu den Mitfavoriten zählten, erwischten keinen guten Tag und mussten die Dreierkette der Minis vor sich bewundern: Toyota auf den Plätzen 4 und 5 nur. Als weitere Überraschung darf die Teilnahme des ehemaligen Skisprung-Weltmeisters Adam Malysz genannt werden, der seit seinem Einstieg in die Cross Countryszene auf einem Toyota Hilux mit V8-Motor unterwegs war, nun aber zum Team von Sven Quandt gewechselt hatte und richtig flott unterwegs war und bei seinem ersten Einsatz auf einem Diesel-Mini gleich auf Rang 7 über die Ziellinie rollte.
Stefan Schott, dem der Teamchef einen neuen Copiloten gönnte, Xavier Panseri aus Frankreich, hatte unseligerweise eine Sprungkuppe etwas zu hurtig und im nicht gerade idealen Winkel absolviert, überschlug sich und lieferte den rot-schwarzen Mini wohl gefaltet und ziemlich zerknittert vorzeitig ab. Das ausgerechnet bei meiner Lieblings-Rallye, schimpfte Schott, der letztes Jahr unter die besten Sechs gefahren war. Vasilyev war natürlich auch ein wenig stolz auf die volle Punktzahl, bedauerte dennoch den Ausfall seines Teamkollegen Al Attyah: Schade drum, ich konnte ihm in den langen Dünenpassagen gut folgen und mir seinen Fahrstil analysieren, war sehr lehrreich. Deshalb werde ich mich in diesem Jahr eher auf die Verbesserung meines Stils konzentrieren, denn da habe ich, zumindest Nasser gegenüber, durchaus noch Aufholbedarf. Teamchef Quandt wird es mit Schmunzeln vernommen haben. Vasilyev führt nun die FIA-Liste im Worldcup recht deutlich an und ist klar auf den erneuten Gewinn angesetzt.
Text: Frank Nüssel
Fotos: Teams