Ein viel versprechendes Comeback, ein überraschender Sieger, ein auch qualitativ gut besetztes Fahrerfeld und vor allem: eine fantastische Stimmung unter Tausenden von Fans an den Wertungsprüfungen und in der St. Wendeler Innenstadt beim KÜS-Stadtrundkurs. Der Auftakt zur Deutschen Rallye-Meisterschaft und den ADAC Rallye Masters am vergangenen Freitag und Samstag bei der ADAC Saarland-Pfalz-Rallye war in jeder Hinsicht ein Festival für alle Motorsportfans und ein deutlich sichtbares Zeichen für den Motorsport an der Basis: Der Rallyesport lebt und er erfreut sich nach wie vor bei den eingefleischten Freunden und Bewunderern dieser Sportart immens großer Begeisterung.
Emotionaler und optischer Höhepunkt der 45. Auflage dieser traditionsreichen Veranstaltung im „Rallye-verrückten“ Grenzgebiet von Saarland und Rheinland-Pfalz war am Freitagabend der mitreißende PS-Zirkus der kleinen, auf mitunter deutlich mehr als 200 PS hoch gezüchteten Sportgeräte der „Alltagsfahrzeuge“ von Marken wie Škoda, Peugeot, Mitsubishi, Citroën und wie sie alle heißen mögen. Die „Formel 1 des kleinen Mannes“, der noch bezahlbare Motorsport für junge (und auch nicht mehr ganz so junge) Leute hat nichts von seiner Faszination verloren. Im flirrenden Scheinwerferlicht der Stadt wurden wieder lang gehegte Motorsport-Träume der ganz besonderen Art wahr.
Wo reine Amateurteams, die in den Service-Pausen noch selbst unter ihren Rallyekits liegen und schrauben, auf werksunterstützte Paarungen treffen, da geben sich zwei Ideologien des Motorsports die Hand. Denn auch die jungen Piloten (und Pilotinnen!), wie etwa Gesamtsieger Fabian-Kreim auf seinem Škoda, kommen eben von ganz unten. Sie haben irgendwann einmal als junge Burschen „Blut geleckt“ und sich dann kontinuierlich mit Talent und Beharrlichkeit weiter entwickelt. So soll und so muss Rallyesport sein.
12 Wertungsprüfungen mit etwas mehr als 135 Kilometern galt es am Freitagabend und im Laufe des Samstags zu absolvieren. Von kleinen, fünf Kilometer langen „Mickymaus-Kursen“ zum warm fahren, bis zu einer ultralangen Prüfung mit knapp 27 Kilometern warteten auf Asphalt und Schotter große Herausforderungen auf das 90 Teams starke Teilnehmerfeld. Umso ungewöhnlicher, dass angesichts dieser Aufgaben zum Schluss eine junge Paarung ganz oben stand, mit der die wenigsten Experten – vor allem in dieser Deutlichkeit – gerechnet hatten.
Denn beim Comeback des Werksteams von Škoda in der nationalen Rallye-Elite übernahm der seit Saisonbeginn mit einem Werksvertrag ausgestattete 22-jährige Fabian Kreim (Fränkisch Crumbach) mit Beifahrer Frank Christian (Oberhausen) früh die Führung und gab diese auch nicht mehr ab. Nach 135,32 Kilometern war seine Bestzeit – im Fabia S2000 des Škoda-Werksteams am Ende um 2:24,8 Minuten schneller als die des Zweitplatzierten Frank Färber (Neuwied). Der auch international erfahrene Rheinländer, lange Jahre ein ausgewiesener Mitsubishi-Evo-Spezialist, bewies nach längerer Meisterschafts-Abstinenz mit seinem Eifeler Co-Piloten Peter Schaaf im Peugeot 207 S2000, dass er nichts von seiner Fähigkeit am Lenkrad und an der Pedalerie verlernt hat. Auf Rang drei setzte der Schweizer Gaststarter Urs Hunziker (Mini John Cooper Works) schließlich noch ein Gütezeichen der besonderen Art.
Auch die vielen heimischen Starter brannten zu Beginn der Saison ein wahres Feuerwerk ihres Könnens in den vielen engen, winkligen Passagen aber auch auf den Speed-Geraden der Wertungsprüfungen ab. Wenn es auch nicht immer den glücklichen Ausgang nahm, den sich die Besatzung vielleicht gewünscht hatte. So musste der zum ADAC Saarland Rallye Junior Team gehörende und von der KÜS unterstützte Lukas Meter (Nonnweiler) in seinem Citroën DS3 R1 trotz glänzenden Beginns die Tücken des Rallyesports zur Kenntnis nehmen. In seiner Division in Führung liegend, setzte ein Stein auf der WP fünf dem Vorwärtsdrang des 21-Jährigen ein Ende. „Sehr schade, aber wir haben bis zu unserem Ausfall bewiesen, dass wir schnell sind und in unserer Division mithalten können. Jetzt hoffen wir, dass die Saison in der Citroën Racing Trophy für uns glücklicher verlaufen wird als der Saisonauftakt.“ Diesen Stein trafen auch einige der Spitzenteams, was die Reihenfolge an der Spitze gehörig durchmischte.
Mit dabei war auch Rüdiger Bernhard. Der Vater von Le Mans-Sieger Timo Bernhard war mit einem Opel Adam im Rennen. „Ich habe ja mal mit Rallye begonnen, das macht Spaß, die Rallye hier ist klasse“, so Rüdiger Bernhard. Rang 42 im Gesamtklassement war dann der Lohn der Mühen.
Einen echten Heimerfolg feierte dagegen der aus dem saarländischen Schiffweiler stammende Jörg Broschart mit seinem neuen „Vorbeter“ Alexander Rath aus der Moselhauptstadt Trier. In ihrem Mitsubishi Lancer Evo IX fuhr die „grenzüberschreitende Paarung“ nicht nur auf den höchst bemerkenswerten sechsten Rang in der Gesamtwertung, sondern konnte auch noch den Sieg in der Division 2 für sich verbuchen.
Das starke gemeinsame Paket von ADAC Rallye Masters und DRM zum Saisonauftakt fand vor allem bei den langjährigen Teilnehmern und Beobachtern der Szene seine verdiente Anerkennung. „Das Format ist klasse geworden, der ADAC hat viel Arbeit investiert. So ein gutes Starterfeld gab es seit Jahren nicht mehr“, zollte etwa der DRM-Champion des Jahres 2011, der Stuttgarter Sandro Wallenwein, der Saarland-Pfalz-Rallye mit ihrem professionellen Umfeld und der mustergültigen Präsentation viel Anerkennung. „Wir haben einen Werkseinsatz von Škoda, darüber hinaus gute Markenpokale und eine Menge talentierter Nachwuchsfahrer. Mich freut sehr, wie sich dieses gesamte Rallyepaket entwickelt hat.
Text: Jürgen C. Braun / Fotos: Oliver Kleinz