Liebe Leserin!
Lieber Leser!
Alljährlich findet in der einst so maroden „Motor City“ Detroit die erste wichtige Automesse des neuen Jahres statt. In der Regel treffen dort zwei Welten aufeinander: Das ökologisch-ökonomisch angehauchte europäische Selbstverständnis und der meist nicht sehr latent ausgeprägte Hang zum Gigantismus Marke U.S.A. Das ist auch in diesem Jahr nicht anders. Auch die deutschen Hersteller stecken da mit entsprechenden „Protz-Mobilen“ für den so wichtigen US-Markt nicht zurück.
Mercedes-Benz etwa, das noch am Vorabend der Messe-Eröffnung das GLS Coupé als Antwort auf den BMW X6 oder den Audi Q7 vorstellte genauso wie Ford auf heimischem Terrain mit der wuchtigen, bis zu 500 PS starken Sportversion „Raptor“ des Pick-Ups F-150. Wie die Amis denken und nicht nur fahren, zeigt ein Blick in die Zulassungsstatistiken jenseits des großen Teiches. Dort war diese „fahrende Schrankwand“ F-150 mit der offenen Ladefläche das meist verkaufte Fahrzeug zwischen Ney York und L. A. in den vergangenen 30 Jahren. Das ist dann wohl so eine Art Cowboy-Ferrari.
Doch es gibt nicht nur Hindernisse und Unterschiede zwischen den beiden Automobilwelten. Denn in einer Hinsicht gehen sowohl US-amerikanische wie auch europäische Autofahrer/-innen derzeit Hand in Hand – das Auto fahren ist so erschwinglich geworden wie lange nicht mehr in den vergangenen Jahren: Bei „Uncle Sam“ ist der Preis für eine Gallone Benzin (umgerechnet 3,8 Liter) innerhalb weniger Monate von über vier auf unter zwei US-Dollar gefallen. Hinter dieser Entwicklung steckt in erster Linie das so genannte „Fracking“. Durch diese umstrittene Förder-Methode werden immer neue riesige Ölvorkommen in den USA ausgebeutet. Und auch unsereins kann sich derzeit eines ständigen Grinsens beim Blick auf die Preisanzeige der Zapfsäulen nicht erwehren. Der niedrige Ölpreis lässt auch die Spritpreise fallen: Derzeit liegen wir auf dem Niveau von etwa vier Jahren. Das macht bis zu 40 Cent pro Liter aus.Dennoch wird sich der US-Trend mit den schwergewichtigen SUV‘s in Europa auf Dauer wohl nicht durchsetzen. Denn der Ruf nach alternativen Antrieben (Hybride, Stromer, Wasserstoff) bei uns wird immer vernehmlicher. Die Subventionen verschiedener Länder für E-Mobile oder Fahrerleichterungen in den Städten mit eigenen Spuren weisen den Weg. Die Antwort auf die PS-Show in Detroit wird in wenigen Wochen fallen, wenn am Genfer See traditionsgemäß der erste große europäische Messtermin ansteht. Dort wird man dann genauer sehen, wohin die Reise mit den deutschen Premium-Herstellern auf den heimischen Märkten gehen wird.
Und nicht nur wohin sie führt, sondern auch mit welchen Modellen sie bestritten wird.
Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende.
Ihr Jürgen C. Braun