Liebe Leserin!
Lieber Leser!
Mit der Essen Motor Show öffnet an diesem Wochenende die letzte große Automobilmesse dieses Jahres ihre Tore. Einen Vorgeschmack auf dieses Event haben wir Ihnen auf unserem Online-Portal in dieser Woche bereits gegeben. Die Wunderwelt der Tuning-Fahrzeuge und der automobilen Kuriositäten unterscheidet sich wie keine andere von einer „normalen“ Veranstaltung dieser Art mit Fahrzeugen, die kurz darauf einmal in die Serienproduktion einfließen werden oder auch nur die leicht geänderte und retuschierte Nachfolge-Generation eines Bestsellers sind.
Ich bin seit vielen Jahren als Gast und Beobachter in den Essener Messehallen und auf dem Freigelände unterwegs und frage mich in jedem Jahr aufs Neue, was denn eigentlich die Faszination dieser Ausstellung ausmacht. In einer Zeit, in der über Elektro-Fahrzeuge, über Wasserstoff-Antrieb und über Flottenwerte bei der CO2-Emmsion gesprochen und geschrieben wird, wirkt diese Reminiszenz an das Außergewöhnliche, an das leicht Verruchte und Verrückte, aber auch an das künstlerisch wohlgefällige Objekt der Automobilproduktion wie eine aus der Zeit gefallene Wünsch-Dir-was-Welt.
Essen zeigt uns in jedem Jahr aufs Neue, dass persönliche Mobilität in ihrer gesamten Vielfalt nicht nur eine trockene und pragmatische, den aktuellen Bedürfnissen angepasste Notwendigkeit ist, sondern dass sie unheimlich viel Spaß machen kann. Man muss nicht alles ernst nehmen, was man an skurrilen Erfindungen in den Galerien zwischen den Hallen dort findet, aber man kann sich am Ideenreichtum und an der Phantasie vieler Menschen erfreuen, die eine ganz besondere Beziehung zum Automobil, ja zur Mobilität im Allgemeinen haben. Natürlich kann man auch das Thema Tuning unter dem Sicherheitsaspekt beleuchten. Man sollte und man muss es auch tun angesichts vieler schlimmer und meist auch völlig unnötiger Unfälle, die auf Unkenntnis und Übermut zurückzuführen sind. Aber auch das Tuning, das nichts anderes ist als eine individuelle Veredelung oder Leistungssteigerung eines Serienfahrzeugs, offenbart die Auslebung der Individualität auf diesem Gebiet. Gerade deswegen ist es gut und auch notwendig, dass es eine Messe wie die Essen Motor Show gibt, die sich eher an die Extreme als an den Alltag der persönlichen Mobilität richtet.
Die „Essen Motor Show“ wird oft von den „Sauertöpfen“ rund um das Verkehrsgeschehen als eine Ausstellung für Verrückte und für verantwortungslose Raser diffamiert. Nein, das kann ich aus eigener jahrzehntelanger Erfahrung sagen: Das ist sie nicht. Diese Ausstellung ist ein wunderbares Beispiel dafür, wie man Kunst (kommt bekanntlich von Können) und Alltag zusammenführen kann. Wie man Dinge aus der Ideologie zweier Welten mitunter zusammenfügen kann, oder aber auch jede Welt für sich alleine akzeptieren und sich an ihr erfreuen kann.
Wir sollten es zu würdigen wissen, dass wir in einer Zeit leben, in der wir uns an Vielfalt, Einfallsreichtum und mitunter auch an etwas versponnenen Ideen degoutieren können. Ich jedenfalls werde es tun. Und wenn Sie die Gelegenheit dazu haben, kann ich Ihnen nur raten: Machen Sie es mir nach.
Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende.
Ihr Jürgen C. Braun