Liebe Leserin!

Lieber Leser!

Waren Sie am vergangenen Wochenende auch erleichtert, nachdem der eigentlich bis Montagmorgen anvisierte Streik, der in der GDL organisierten Lokführer, bereits am Samstagabend zu Ende gegangen war? Oder waren Sie an diesem Wochenende nicht auf den fahrplanmäßigen Bahnverkehr angewiesen? Dann umso besser. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Denn, so der GDL-Chef, er könne sich eine Beilegung des Streiks mit dem Tarifpartner zwar vorstellen, aber in der Kernfrage würden er und seine Gewerkschaft hart bleiben.

Diese Aussichten, liebe Leserinnen und Leser, lassen bei mir eine Vision im Gehirn entstehen.

Vor nicht allzu langer Zeit diskutierten anerkannte Experten bei einem Symposium des Deutschen Institutes für Qualitätsförderung e. V. über das Thema 'Autonomes Fahren'. Auch die KÜS ist Mitglied des DIQ. Mit dem autonomen Fahren war an diesem Tag in der Wuppertaler Stadthalle natürlich das „Autofahren“ gemeint. Aber, so denke ich mir, was wäre denn, wenn wir irgendwann auch ein autonomes Fahren bei der Bahn erreichen könnten?

Ein Fahren mit Zügen ohne Lokführer. Und demzufolge – ohne das Streikrecht als Institution in Frage stellen zu wollen – auch ohne Gewerkschaft und ohne Streik. Ist so etwas nur Vision oder vielleicht doch mehr? Nicht nur ich, sondern sicherlich auch viele genervte Bahnkunden fragen sich mittlerweile womöglich: Züge werden doch in der Regel durch Schienen spurgeführt. Zudem besitzen die Netzwerke eine leistungsfähige Leit- und Sicherungstechnik. Also, kann man darauf nicht aufbauen, wenn es um automatisches Zugfahren geht? In der Online-Ausgabe der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (www.faz.net) stand vor einigen Tagen ein interessanter Beitrag eines Fachkollegen zu diesem Thema. Wohl aus aktuellem Anlass. Die Quintessenz dieses Beitrags war in etwa: Im Prinzip ist so etwas technisch schon machbar, aber eben doch nicht ganz so leicht realisierbar und in die Tat umzusetzen. Schließlich ist es ja nicht so, als ob sich kluge Köpfe nicht schon den selben darüber zerbrochen hätten, um eine entsprechende Lösung zu finden. Vor etlichen Jahren übrigens schon, als von der GDL und von Herrn Weselsky noch keine Rede war.

Ich möchte jetzt nicht den ganzen, zudem recht komplizierten, technischen Hintergrund dieses Themenkomplexes hier wiedergeben. Nur so viel: Wie viele Menschen sich mit einer solchen Vision beschäftigen, zeigt auch die Menge der Online-Kommentare zu dem betreffenden FAZ-Artikel.

Doch bei allem Streben nach Automatisierung und damit nach Vereinfachung unserer Mobilität habe ich doch ein ungutes Gefühl, wenn der „Faktor Mensch“ sich diesem Kreislauf immer mehr entzieht. Oder besser ausgedrückt: Wenn er diesem Kreislauf immer mehr entzogen wird. Sie und ich, liebe Leserinnen und Leser, sind sicherlich die große Unbekannte in diesem Produktions- und Verteilungssystem unserer Wirtschaft, die größtenteils auf dem Transport von Gütern basiert. Zugegeben, der Mensch ist der größte Risikofaktor in dieser „Tretmühle“: er kann krank werden, er kann Gehaltsforderungen stellen, er kann streiken, er kann schlicht und ergreifend einfach Fehler machen.Aber das macht uns doch eben auch irgendwie menschlich. Und zwar ganz automatisch!

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende.

Ihr Jürgen C. Braun

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