Heidi Hetzer: Jetzt erst recht!

„Jetzt erst recht“, sagt Heidi und spuckt in die Hände. Es ist IHRE Weltreise, SIE finanziert die ganze Geschichte und SIE hat das Sagen. Sie lässt niemanden ans Lenkrad und sie schläft nur dann, wenn ihr Hudson – der Oldtimer von 1930 – gut untergebracht ist. Entweder in einer überdachten Hotel-Garage oder in einer Werkstatt. Und wenn es für „Hudo“ keinen vernünftigen Schlafplatz gibt, nimmt sie halt die Luftmatratze und schläft im oder neben dem Auto.

Der Hudo ist ihr ein und alles. Natürlich hätte sie ohne weiteres ein anderes, moderneres Fahrzeug nehmen können für diese Weltreise, aber sie will auf den Spuren von Clärenore Stinnes fahren, und die war damals, 1927, mit einem Adler unterwegs um die Welt. Gewiss, damals war das ein hochmodernes Auto. Und Heidi will genauso wie Clärenore die Welt mit einem – für heutige Verhältnisse – alten Auto umrunden.

Sie liebt ihren Hudo – aber er dankt es ihr nicht. Gleich zu Anfang ihrer Reise, als sie noch nicht mal aus Deutschland raus war, hat er schon einen neuen Motor bekommen. Die Strecken, die sie sich vorgenommen hat, sind für einen so alten Herrn wie den Hudo dann doch nicht mehr so einfach zu bewältigen. Nach und nach ging einiges defekt: Der Tacho, ein Pleuel, die Zylinderkopfdichtung, der Vergaser. Und und und. Sie hat zwar viele Ersatzteile dabei, aber wie im richtigen Leben ausgerechnet nicht die, die gerade gebraucht werden. Und so war die gelernte Kfz-Mechanikerin oft auf fremde Hilfe angewiesen. Viele Köche verderben den Brei. Klar waren alle Menschen hilfsbereit, die Bewohner in den Städten auf ihrer Route, die Follower ihrer Blogs (www.heidi-um-die-welt.com) und auch ihr Beifahrer Patrik Heinrichs, der zwar erst in Istanbul zu ihr gestoßen ist, der aber um Ideen nie verlegen war und auch selbst Hand anlegen konnte.

Jaja, der Patrik. Er ist inzwischen wieder zu Hause in Berlin. Hat das Handtuch geworfen. Wir wissen nicht, was genau zwischen den Beiden passiert ist, aber es muss kräftig gestaubt haben in der Beziehung. Patrik ist Segler, und mit einigen Kumpels eine Regatta segeln, das ist das eine. Tag für Tag über einen Monat lang neben dieser quirligen Heidi zu sitzen, ist etwas anderes. Da können einem schon mal die Sicherungen durchbrennen. Denn auch die dominanteste, optimistischste, willensstärkste und unternehmungslustigste Frau hat mal Aussetzer.

Für Heidi ist es das Unwort VISUM. Sie hätte im Vorfeld nie und nimmer geglaubt, dass diese verdammten Stempel im Pass so wichtig auf ihrer Weltreise werden. Da hilft manchmal noch nicht mal der Charme dieser Dame.Visum abgelaufen, warten auf Ersatzteile, erst mal welche besorgen, Werkstattsuche, nichts tun können – das alles sind Dinge, die unendliche Geduld erfordern. Davon hat Heidi nicht allzu viel. Und sie hat noch kein Geschäft gefunden, wo man Geduld kaufen kann.

Gut, dass zwischendurch doch mal was ganz Aufregendes passiert ist. In Taschkent hat sie sich mit den deutschen Teilnehmern der Rallye Berlin-Peking getroffen. Diese Rallye ist Heidi selbst schon gefahren und sie wäre auch sicher in diesem Jahr wieder dabei gewesen. Wenn sie sich nicht diese Weltreise genehmigt hätte…Trotzdem war es ganz toll, die Truppe wiederzusehen, einen Abend mit ihnen zu verbringen und endlich mal wieder deutsch zu sprechen.

Was ihr auf den Ämtern bei Visum-Angelegenheiten überhaupt nicht hilft. Und wegen all dieser misslichen Umstände hinkt sie jetzt ihrem selbst gesetzten Reiseplan hinterher. Die Mongolei und Russland lässt sie jetzt aus. Muss sie auslassen, denn den Wintereinbruch in der Mongolei möchte sie nicht erleben und dort festgenagelt sein, bis es Frühling wird. Heidi wäre ja zu und zu gerne an den Baikalsee gefahren, aber das hat sie sich jetzt verkniffen.

Aber selbst eine Routenänderung – sie kommt ja nun von Westen in China rein statt wie geplant von Norden – interessiert die Konsulats-Beamten nicht im Mindesten: Die Ausstellung des nun geänderten Einreise-Visums soll zwei Monate dauern. Und die Zylinderkopfdichtung hängt immer noch in Frankfurt am Flughafen. Ihr persönlich geht es gut, sie ist putzmunter und voller Tatendrang, aber die ganze Meschpoke um die jeweiligen Visa macht sie doch ein wenig wütend.

Sprach‘s – und genehmigte sich einen Wodka.

Text: Jutta Sein
Fotos: Heidi Hetzer

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