Creme 21: Im Opel Admiral auf großer Fahrt

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Der Startschuss der diesjährigen Youngtimer Rallye Creme 21 fiel am 17. September in der Hansestadt Bremen am Schuppen Eins, dem Zentrum für Automobilkultur und Mobilität bei herrlichem Sonnenschein. In diesem Jahr gingen fast 200 Youngtimer nach Oldenburg ins Weserbergland, den Harz nach Braunlage und Oscherleben auf große Fahrt. Anschließend tourte der motorisierte Wanderzirkus die insgesamt rund 1.000 Kilometer lange Strecke nach Bielefeld bis hin zum Klassiker-Treffpunkt „Lenkwerk“ in Borgholzhausen. All dies selbstverständlich auf Nebenstrecken. Die von Opel unterstützte Creme 21 ist nicht mit anderem Rallyes vergleichbar. Hier kommt es auf den Teamgeist im und außerhalb des Cockpits an und vor allem steht der Spaß am Fahren im Vordergrund. Stoppuhren sind bei der Creme 21 nicht nötig, es mussten Aufgaben wie beispielsweise Pömpelwerfen und Puzzleteile zusammensetzen bewältigt werden. Das Teilnehmerfeld war im wahrsten Sinne des Wortes bunt gemischt. So waren im diesjährigen Teilnehmerfeld unter anderem Autobianchi A 112, Datsun 260Z, Lancia Fulvia Rallye, Mustang Mach1, Plymouth Satellite und Talbot Rancho, um nur einige zu nennen. Vertreten im kunterbunten Creme-21-Corso waren aber auch 12 Evergreens aus dem Rüsselsheimer Opel Classic-Fundus.

Opel Classic bot eine Zeitreise der Corsa-Generationen auf der Tour durch den Norden Deutschlands. Unter den Corsa-Oldies der Baureihen A bis D hat sich der Corsa E im schwarzweißen Tarnkleid gemischt und vervollständigte den Corsa-Reigen. In 32 Jahren wurden insgesamt mehr als 12 Millionen von dem kecken Rüsselsheimer Kleinwagen gebaut, bevor im Oktober die neue Corsa-E-Generation auf dem Pariser Auto Salon präsentiert wird. Neben der Corsa-Flotte kamen noch ein ganz in orange gekleideter Diplomat B von 1977, ein Kapitän, ein Calibra, ein Commodore C Krankenwagen und ein Admiral A V8 zum Einsatz.

Von der ersten Admiral-Baureihe liefen in Rüsselsheim in der Zeit von 1965 bis 1968 nur 622 Exemplare vom Band. Dementsprechend rar und besonders selten ist heute ein Exemplar der viertürigen Limousine anzutreffen mit dem unsere Redaktion bei der Creme 21 auf große Fahrt ging. Unser strahlend weiß lackiertes Fahrzeug mitsamt seinem schwarz abgesetzten Dach stammt aus dem Jahr 1965 und kostete 15.950 DM. Das war für damalige Verhältnisse viel Geld und nicht jeder konnte ein solches Luxusgefährt sein eigen nennen.

Innen wirkt der Admiral wie aus dem Ei gepellt. Natürlich sind auch an ihm die Jahre nicht einfach spurlos vorüber gezogen, denn die breiten, roten Ledersessel zeigen mit ihren fein genarbten Rissen eine würdige Patina. Diese beweist zwar, dass die Zeit auch an unserem Wagen nicht spurlos vorüber gegangen ist, dafür glänzt der dicke Teppich noch fast so wie am ersten Tag. Auch sonst präsentiert sich der Admiral tipptopp in Schuss.

Schon nach dem ersten Schlüsseldreh erwacht der Achtzylinder aus dem Schlaf und brabbelt leise wie kultiviert sein sattes Lied. Das riesengroße Lenkrad mit seinem verchromten Hupenkranz türmt sich wie ein Riesenrad vor dem Fahrer auf, dahinter befindet sich der waagerecht angeordnete Tachometer. Den dünnen Automatikwählstock hinter dem Lenkrad von P auf D geschoben und los geht's. Langsam nimmt der Admiral Fahrt auf und die waagerecht verlaufende Geschwindigkeitswalze weckt Erinnerungen an eine altertümliche Küchenwaage. Dabei wechselt der Tacho mit zunehmender Geschwindigkeit seine Farbe. Bis 50 km/h ist sie grün, bis Tempo 100 orange und darüber leuchtet sie rot. Das farbenfrohe Wechselspiel ist schon beeindruckend und beweist viel Liebe zum Detail.

Der Achtzylindermotor war die damalige Topmotorisierung und leistet stolze 190 PS. Damit beschleunigte der Admiral innerhalb von nur 11 Sekunden von Null auf Hundert und erreichte eine Höchstgeschwindigkeit von gut 200 km/h. Das waren phänomenale Werte zu jener Zeit, die wir unserem mittlerweile 49 Jahre alten Oldie aber nicht abverlangen wollen. Schließlich ist das Fahrzeug über die Jahre in Würde gereift und so soll es auch bleiben. Auch dürfte der aktuelle Wert des Fahrzeugs inzwischen wohl im sechsstelligen Euro-Bereich angekommen sein.

Obwohl der Achtzylinder richtig willig am Gas hängt, möchten wir dem Admiral kein Härchen krümmen, sondern ihn heil ins Ziel bringen. Deshalb wird auf der Route durch den Norden Deutschlands das Gaspedal auch nur sanft gestreichelt. Mit ein Grund sind natürlich auch die stellenweise recht engen Straßen auf unserer Tour. Der Gegenverkehr mahnt dabei andauernd zur Vorsicht, denn immerhin ist das Rüsselsheimer Schiff nicht nur fünf Meter lang, sondern über 1,90 Meter breit und erfordert beim Zirkulieren durch Engpässe höchste Konzentration. Gegen den imposanten Admiral wirkt selbst manch eine Luxuslimousine von BMW und Mercedes regelrecht wie ein Kleinwagen.

Für damalige Verhältnisse war der Admiral ein richtig luxuriös ausgestatteter Wagen. Durch das geöffnete Schiebedach scheint die Sonne und im mit Chrom verzierten Blaupunkt-Autoradio läuft gerade ein altes Stück von den Stones. Auf elektrische Fensterheber, Kopfstützen oder gar ein Klimaanlage musste der Admiral damals noch verzichten. Das alles war Anfang der 1960er Jahre noch kein großes Thema. Dafür verwöhnen seine weich gepolsterten roten Ledersitze mit bequemem Komfort und offerieren selbst hinten jede Menge Platz. Und das nicht minder weich abgestimmte Fahrwerk, trägt den Admiral samt seiner Insassen wie eine Sänfte über die so manches Mal ruppigen Landstraßen.

Unter den mittlerweile vielen Klassik-Veranstaltungen sticht die Creme 21 hervor und ist mit anderen Events nicht zu vergleichen. Während bei anderen Oldie-Rallyes in Wertungsprüfungen um wertvolle Sekunden gekämpft werden muss, steht bei der Creme 21 der Grips und die Geschicklichkeit im Vordergrund. Und natürlich auch immer der Spaß. So gilt es etwa auf der über tausend Kilometer langen Rallyestrecke knifflige Denksportaufgaben zu lösen, an einem nächsten Haltepunkt müssen wiederum Filmklassiker, bei denen Autos eine tragende Rolle spielten, erraten werden.

Während der zahlreichen Prüfungsabschnitte sticht der Admiral besonders hervor. Der Opel findet rege Beachtung und es weht immer ein Hauch von Nostalgie durch das Fahrzeug. Die interessierten Zuschauer stellen scharenweise Fragen zum Fahrzeug, der Motorleistung oder den Fahreindrücken. Der große Wissensdurst wird bereitwillig von Copilotin und Pilot gestillt. Ist anschließend jedes kleinste Detail beantwortet, geraten alle ins Schwärmen. Das passiert selbst an einer roten Ampel. Überall wo der Admiral zum Stehen kommt, erzählen Leute eine eigene, persönliche sowie interessante Geschichte über den Opel Admiral. Selbst der Fahrer des Admirals kennt eine aus der Kindheit von seinem Nachbarn. Er war ein damaliger Fabrikbesitzer und chauffierte jenes imposante Luxusgefährt mit Stolz durch die Straßen Kölns.

Den Gesamtsieg auf der kultig-frechen Ausfahrt konnte die Startnummer 29 mit Linnenkamp/Stephan auf ihrem VW Golf aus dem Jahre 1976 sichern.

Text: Ute Kernbach, Guido Borck
Fotos: Opel, Ute Kernbach, Christian Rolfes

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