Der „rote Blitz“: Segen oder Abzocke?

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Geschwindigkeits-Überwachungsanlagen haben bei den Verkehrsteilnehmern etwa den Stellenwert eines kapitalen Motorschadens: sie sind unbeliebt, polarisieren zudem. Die Einen sehen darin eine sichere Möglichkeit, Raser einzubremsen und sie der staatlich sanktionierten Strafe zuzuführen, die Anderen atmen auf, weil dadurch als verkehrserzieherische Maßnahme Exzesse im Alltag vermieden werden (sollen), also zum Schutze all derer wirken, die sich rechtskonform verhalten.

Tatsache aber ist, dass hinter den Messanlagen ein Höchstmaß an technischer Präzision, Pfiffigkeit und Zuverlässigkeit steckt. Dafür stehen regelmäßige Eichungen der Geräte und ein hoher Grad an Selbstüberwachung in den Funktionen: Messfehler sind nahezu ausgeschlossen. Die Anfänge der Messanlagen sind noch heute an vielen Stellen sichtbar: die Starenkästen in unauffälligem Grau oder Grün. Aber auf die fallen nur noch Ortsunkundige herein. Weil die Kästen eben schon seit Jahrzehnten an gleicher Stelle arbeiten.

Über diverse Evolutionsstufen schritt die Entwicklung stetig fort und heutige Anlagen, beispielsweise die PoliScan-speed-Anlage von Vitronic sind gar elegant gekleidet am Fahrbahnrand installiert. Die Kosten liegen zwischen etwa 35.000.- und 90.000.- Euro, je nach Standort und Installationsaufwand (Fundament, netzelektrische Versorgung etc.). Bei den neuen Säulen dienen die beiden unteren (schwarzen) Segmente der Messung, die beiden oberen der digitalfotografischen Aufnahme. Die Anlagen werden nahezu ausschließlich im Fließverkehr in zahlreichen Erdteilen eingesetzt. Es gibt diese Überwachungsanlagen auch in mobiler Form: auf einem Dreibein (Stativ) oder gar völlig unsichtbar in neutralen Kombifahrzeugen, wo die Anlage sogar durch verzerrfreie Front- oder Heckscheiben ihren Dienst verrichtet. Die sogenannte LIDAR-Technologie ist derzeit das präziseste System zur Datenerfassung. Hierbei wird ein scannender Laser eingesetzt, der über Laufzeitmessung Geschwindigkeiten und Positionen ALLER Fahrzeuge innerhalb des Messfeldes ermittelt und registriert. Das gilt auch für mehrstreifige Fahrbahnen, und dann in beide Richtungen. Dass dabei – natürlich – mehr Daten als nur polizeiliches Kennzeichen und Geschwindigkeit anfallen, liegt auf der Hand, das ist systemimmanent. Bereits 2003 lieferte Vitronic auch 300 Anlagen an Toll Collect. Und, dass die Vielzahl der Daten auch zu weiteren Erkenntnissen führen kann, ist ebenfalls klar. Nur: in Deutschland schieben die ziemlich stringenten Gesetze da einen Riegel vor, um Fahrzeuginhaber und Fahrer zu schützen (ein Schuft, wer Böses dabei denkt!). Uhrzeit, Ort, Wegstrecken und andere Daten könnten zu weiteren Erkenntnissen führen. Die PTB (Physikalisch Technische Bundesanstalt in Braunschweig) unterzieht diese Anlage detaillierter Prüfungen, erst dann werden die Messgeräte und Kameras zertifiziert und frei gegeben.

Die Qualität der ermittelten Werte und digitalen Bilder ist derart hoch, dass alles zusammen gerichtsverwertbar ist. Die Vitronic-Technik hat einen hohen Grad an Reife und Zuverlässigkeit erreicht, der selbst versierten Rechtsanwälten den Wind aus den Segeln nimmt. Die Anlagen arbeiten zu jeder Tages- und Nachtzeit und auch das Wetter ist kein Thema. Wie sich zeigt, ist aber der Mensch im Prinzip das mögliche Schwachteil im System: Bediener und Auswerter müssen äußerst sorgfältig arbeiten. Die Geräte werden exakt aufgestellt und eingemessen, und bei der Auswertung ist viel Detailkenntnis vonnöten.

Dennoch: Es gibt Fälle, bei denen es bei der Auswertung zu heftigen Irritationen kam: Fahrzeug stimmt, polizeiliches Kennzeichen stimmt, Ort und Uhrzeit stimmen, aber der Mensch hinter dem Lenkrad ist weder der Besitzer noch der definierte Fahrer. Da wird es schwierig, den Gegenbeweis zu erbringen. Aber das liegt nicht an der Mess- und Aufnahmetechnik der PoliScan-speed-Anlage. Die macht ihren Job mit fast grausamer Präzision, Tag für Tag, Nacht für Nacht. Ob es hilft und der Sicherheit auf den Straßen nützt, oder nur dem Füllen der Stadt- oder Behördensäckel dient, bleibt erstmal noch offen.

Text: Frank Nüssel /CineMotFotos: Hersteller

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