Auto fahren ist in Frankreich nicht nur eine Frage der Fortbewegung, da steckt auch jede Menge Nationalstolz und persönliche Verbundenheit zu Heimat und Hersteller dahinter. Wenn im Juli die großen Werke ihre traditionellen Ferien machen, dann ist diese vorübergehende „fermeture“ auch ein jährlich wiederkehrendes Ritual und ein Signal an die Grande Nation, dass die Auto-Industrie in diesen Wochen den Takt des Alltags, die „l’art de vivre“ bestimmt. Als vor fast 40 Jahren (1976) das Erbe des großen André Citroën von Peugeot übernommen wurde, und daraus der PSA-Konzern entstand, wuchs Europas zweitgrößter Automobil-Konzern nach Volkswagen. PSA stand für Innovation, für gesunden Besitzer- und Erfinderstolz, aber auch für ein gewisses Sendungsbewusstsein an den Rest der automobilen Menschheit.
Mittlerweile haben sich die Zeiten (nicht nur für PSA) geändert. Der europäische Markt ist in seinen Grundfesten erschüttert. Gutes Geld lässt sich mit dem Verkauf von Autos bestenfalls noch in denso genannten BRIC-Staaten (Brasilien, Indien, China) oder ganz allgemein in (fern)östlichen Regionen verdienen. Auch Peugeot stöhnte unter der Last der zuerst schleichenden, dann rasanten Entwicklung, fuhr erhebliche Verluste ein. Die Zahlen rauschten massiv in den Keller.
Die Hoffnungen beider Konzern-Marken ruhen jetzt auf Carlos Tavares (55). Der Portugiese an der Spitze des Konzerns war bis Sommer vergangenen Jahres Nr. 2 bei Renault hinter Konzernchef Carlos Ghosn. Dessen Strategie ist ebenso einfach wie sie gleichermaßen wirksam sein soll: Spätestens bis 2016 will man mit einer schlankeren und vor allem differenzierten Modellpalette wieder Gewinne einfahren. Das bedeutet auch: Citroën und Peugeot sollen sich nicht gegenseitig „kannibalisieren“, sprich: Die Angebotspalette beider Hersteller muss sich konturieren und vor allem voneinander unterscheiden. Die Kundenklientel soll und darf nicht die Gleiche sein.
Für den „Patienten“ Peugeot bedeutet das zum einen eine Besinnung auf die Kernkompetenzen (qualitativ hochwertige Kompaktfahrzeuge, Ausbau der sogenannten Crossover-Strategie) aber auch den Auslauf bestimmter Modellreihen. Das wird etwa Modelle wie den großen Van 807 treffen. Der Trend geht immer stärker hin zur multifunktionalen, aber in ihren Ausmaßen kompakteren Großraumlimousine. Peugeot sieht sich für diese Bedürfnisse mit Angeboten wie etwa dem 5008 besser aufgestellt.
Restriktionen könnte es wohl auch bei den zwar sehr beliebten, aber inzwischen auch unter heftigem Konkurrenzdruck stehenden CC-Modellen geben. Die Coupé-Cabrio-Spaßmobile, die Peugeot einst auf Basis des 206 in einer bezahlbaren, „bourgeoisen“ Version einführte, verzeichnen Einbrüche von bis zu 25 Prozent am Markt. Die Löwen-Marke hat zwar derzeit noch zwei CC-Modelle im Angebot, aber, so ein Markensprecher, den „kleiner gewordenen Kuchen müssen jetzt auch noch eine größere Anzahl von Herstellern unter sich aufteilen.“
Peugeot braucht jetzt nach eigenem Selbstverständnis, „Autos, die auf vielen Märkten funktionieren.“ Darunter verstehen die Franzosen vor allem Crossover-Modelle, also Fahrzeuge, die das Beste aus (mindestens) zwei Welten miteinander verbinden und aus dieser Multi-Funktionalität ihre Attraktivität schöpfen. Eine globale Absatzstrategie mit „qualitativ hochwertigen Modellen, die sich auch aufgrund ihres modernen Designs mit dem deutschen Angebot messen können“, lautet die ehrgeizige Zielsetzung der Löwen-Marke. Mit dem 206 hatten die Franzosen jahrelang Europas erfolgreichsten Kleinwagen im Angebot. Modelle wie der 2008 oder die höher angesiedelte neue Generation des 308 sollen das ehrgeizige Vorhaben in Zukunft in die Tat umsetzen.
Text und Fotos: Jürgen C. Braun