Läuft ein 11-jähriges Kind bei Dunkelheit zwischen parkenden Autos auf die Straße, obwohl es das herannahende Auto gesehen hat, begeht es einen schweren Verkehrsverstoß. Dieser wird als so massiv eingestuft, dass das Kind entgegen dem sonstigen Schutz von Kindern im Straßenverkehr allein haftet. Auch die sonst üblicherweise entlastend wirkende Betriebsgefahr von Kraftfahrzeugen tritt wegen der Schwere des Fehlverhaltens zurück. Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Naumburg vom 9. Januar 2013 (AZ: 10 U 22/12).
Das Mädchen war zum Unfallzeitpunkt elf Jahre und zwei Monate alt. Es wollte bei Dunkelheit die Straße überqueren, um zu Kindern auf der anderen Straßenseite zu gelangen. Dafür musste es zwischen zwei parkenden Autos hindurchgehen. Den herannahenden Pkw sah sie zwar, ging aber davon aus, dass sie es schaffen würde. Die Autofahrerin konnte das Mädchen jedoch nicht sehen. Die Frau fuhr etwa 25 bis 30 km/h, da sie auf die Kinder auf der anderen Straßenseite achtete.
Die Klage gegen die Autofahrerin blieb ohne Erfolg. Sie habe nicht mit dem Auftauchen des Mädchens auf der Straße rechnen müssen, so die Richter. Ihre Geschwindigkeit sei auch angemessen gewesen. Auch die allgemeine Betriebsgefahr eines Kraftfahrzeugs könne nicht zu Lasten der Fahrerin herangezogen werden. Das Mädchen habe grundsätzlich die Fähigkeit zu erkennen, was sie tue. Sie habe das Auto gesehen. Gleichwohl sei sie auf die Straße gerannt, obwohl gleichaltrige Kinder sie verbal daran zu hindern suchten. Das Mädchen habe also erkennen können, dass sie unvernünftig handele. Auch sei ihr bewusst gewesen, dass sie besonders vorsichtig sein müsse, wenn sie zwischen geparkten Fahrzeugen hindurch die Straße überqueren wolle.
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