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Guildo Horn & Die Orthopädischen Strümpfe: 20 Jahre Zärtlichkeit. Das Album zum Bühnenjubiläum. (Electrola)

Haben Sie gestern abend mit gefiebert um das Ticket nach Malmö? Der deutsche Vorentscheid zum Eurovision Song Contest 2013 war ein Event, ein Show-Ereignis im besten Sinne. Ein Ereignis, in dem ein runder Geburtstag medial unterzugehen droht: der 50. Geburtstag jenes Mannes, der erst den Vorentscheid und dann den Wettbewewerb wieder eventtauglich machte und aus der Ecke der Bedeutungslosigkeit holte. Einen Tag, nachdem sich in einer spannenden Punktevergabe (Kompliment fürs Konzept!) Dancepop gegen Ska aus Bayern durchsetzte, wurde Guildo Horn 50 Jahre alt.

So schräg wie der Name von Künstler und Band war die Darbietung. Manche fanden Guildo hat euch lieb schrecklich (wie Kultkommentator Terry Wogan aus Großbritannien), andere (sicher die Mehrheit) fanden's schräg, aber eben schön schräg. Quietschbunte Pastellanzüge, darunter ein Mann, der nicht Falten noch Glatze verbarg und der nostalgischen Nonsens augenzwinkernd anbot, das war Diskussionsstoff. Und ganz Deutschland schien für einige Wochen die Nußeckendiät zu probieren: Des Meisters (wie Fans ihn nannten) Lieblingsspeise und deren Rezept gab's kurzzeitig nahezu überall in Deutschland. Ein Autohändler bot sogar ein Sondermodell zum Medienereignis an, benannt nach Guildo Horn – zu den Extras gehörte eine Tüte mit den köstlichen Kalorienbomben. Europaweit wurde das mit Vergnügen goutiert – am Ende stand ein siebter Platz. Im Vergleich zu deutschen Platzierungen der Vorjahre (1997 bis 1988) schon fast ein Sieg.

Guildo Horn hat den traditionellen deutschen Schlager musikalisch verschärft, parodiert und dadurch auch für jene interessant gemacht, die mit dem Genre sonst nichts am Hut haben. Das geschah in Zusammenarbeit mit einem Mann, der weiß, wie sowas geht: Horn-Produzent Michael Holm war schon damals ein Urgestein des deutschen Pop-Schlagers und genauso erfahrener Mann hinter den Kulissen.

Glückwunsch, Meister! Die CD von damals mit dem schlichten Titel Danke! gibt's nur noch antiquarisch. Aktuell verfügbar ist ein Sampler mit Hits zum 20-jährigen Bühnenjubiläum. Die ist aber durchaus Guildo-repräsentativ.

20 Jahre Bühne – in der Tat. Den 1998er-Erfolg hat er nicht wiederholen können, obwohl er bis heute keineswegs untätig ist und schon vor seinem Eurovisions-Einsatz kein Unbekannter war. Für die Zweitplatzierten von 1998 war ihr Resultat der Durchbruch: Rosenstolz waren damit endgültig raus aus der Geheimtipp-Rolle. Gut möglich, dass das der Nummer 2 vom Donnerstag auch passiert. LaBrassBanda aus dem Chiemgau, bisher beim Münchner Independent-Label Trikont unter Vertrag, kennt man jetzt endgültig auch außerhalb des Freistaats. Das Radio-Voting von A(ugsburg) bis Z(ittau) – ein Drittel der Gesamtwertung – haben sie als Start-Ziel-Sieg geschafft. Beim Televoting wurden sie Zweite. Der letzte Platz in der Jurywertung mindert die Chancen darauf nicht, dass sich das Rosenstolz-Phänomen wiederholen wird.

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