In Höhe des Parkplatzes „Buddenkuhle“ auf der Autobahn A1 zwischen Lengerich und Ladbergen ist es soweit. Der Kilometerzähler des Peugeot 5008 springt um auf die magische Zahl 1.000. Das Projekt S1000plus hat sein Ziel – 1.000 Kilometer ausschließlich mit Autogas ganz ohne Nachtanken – erreicht. Zu Ende ist die Tour damit noch nicht. Denn von vornherein war geplant gewesen, die Rekordfahrt an der Westfalen-Tankstelle von Volker Happe am Schifffahrter Damm vor den Toren von Münsters offiziell ausklinken zu lassen. Und bis dort hin sind es noch 30 Kilometer.
Gestartet wird die letzte Etappe morgens in Minden. Carsten Korfesmeyer heißt diesmal der Testfahrer, der für das Mindener Tagesblatt und das im selben Verlag erscheinende News-Stadtmagazin schreibt. Er bringt das Gespräch schon vor Fahrtantritt auf das Tankstellennetz – und kann beruhigt werden: rund 6.500 LPG-Stationen gibt es in Deutschland (bei 14.500 Straßentankstellen insgesamt), wogegen Erdgas bei rund 900 liegt. Korfesmeyer hatte zuvor gemeint, das Verhältnis sei genau umgekehrt. Gut, dass wir darüber gesprochen haben!
Wenn der Fotograf zum Fotoobjekt wird, dann ist man mit dem Projekt S1000plus unterwegs. Während Carsten Korfesmeyer das Versuchsfahrzeug fotografiert, wird er selbst abgelichtet. Die Fotopause ist eine gute Gelegenheit, nach den ersten Fahreindrücken über das Getriebe zu sprechen. Die Übersetzung in den Gängen vier bis sechs wurde geändert, wodurch sich der Verbrauch reduziert und gleichzeitig der Wirkungsgrad erhöht. Am Beispiel des 6. Ganges zeigt sich, dass durch die veränderte Übersetzung der Zahnradpaarung von 47 zu 33 auf 52 zu 31 Zähnen – bei gleicher Geschwindigkeit – eine Drehzahlverringerung von etwa 17 Prozent erreicht wird. Im 5. Gang (Zahnradpaarung statt 45/37 jetzt 46/35) sinkt die Drehzahl um rund 8 Prozent und im 4. Gang (Zahnradpaarung statt 39/40 nun 40/39) um circa 5 Prozent. Solche Übersetzungen kommen sonst nur beim Dieselgetriebe zur Anwendung.
Das Museum für Industriekultur in Osnabrück ist der letzte Wechselpunkt des 1.000-Kilometer-Marathons. Als einziger Abschnitt werden die gut 90 Kilometer nach Münster im Wechsel von zwei Journalisten gefahren: Lothar Hausfeld von der Neuen Osnabrücker Zeitung und Daniel Lüns von den Westfälischen Nachrichten (Münster). Ihr Beifahrer ist Prof. Dr. Harald Altjohann, der es sich genau wie Prof. Dr. Thomas Heinze nicht hat nehmen lassen, zum Ende der Rekordfahrt „in den hohen Norden“ (aus Saarbrücker Sicht) zu kommen.
Daniel Lüns bohrt gleich nach: Wie kann Autogas eine Alternative sein, wo es doch genau so endlich ist wie Erdöl? Stimmt zwar, dass es endlich ist, denn es wird unter anderem als Begleitgas bei der Erdöl- und Erdgasförderung gewonnen. Solange diese Energieträger ans Tageslicht gefördert werden, hat auch Autogas seine Berechtigung. Ja mehr noch. Man muss es eigentlich sogar auffangen, reinigen, verflüssigen und an die Tankstellen bringen, statt es – wie es leider noch viel zu oft passiert – nutzlos über dem Förderfeld abzufackeln. Allein mit dem jetzt noch abgefackelten Gas ließen sich mehr als eine Million zusätzliche Pkw antreiben. Und das ist allemal besser als die arabische Wüste zu heizen. Außerdem liegt sein CO2-Ausstoß bei der motorischen Betrachtung mehr als zehn Prozent unter dem von Benzin.
Nach dem letzten Fahrerwechsel klingt mehrfach das Handy. „Wann seid Ihr da?“ – eine Frage, die man sonst nur von quengeligen Kindern auf der Urlaubsreise hört, kommt vom Zielort, wo ungeduldig auf den Tross gewartet wird. Eine halbe Stunde später ist die Spannung vorbei. Das Versuchsfahrzeug rollt auf das Tankstellengelände und kommt vor einem Zielband mit der Aufschrift 1.030 Kilometer zu stehen. Mit einem Glas Sekt (oder O-Saft für die Fahrer), Kuchen und Schnittchen wird das erfolgreiche offizielle Ende der Tour gefeiert. Erledigt ist sie damit noch lange nicht. Denn auch nach 1.030 Kilometer sind die Autogas-Tanks noch lange nicht leer. Dieses Leerfahren erledigt Prof. Heinze höchstpersönlich, begleitet von Thomas Schuster von der KÜS, der in Saarbrücken den Tank versiegelt hatte und jetzt mit Argusaugen überwacht, dass nicht kurz vor Schluss geschummelt wird.
Erst um 21.35 Uhr kurz vor Trier ist der Tank leer – 8,8 l LPG auf 100 km Damit hätten selbst die größten Optimisten nicht gerechnet – und die Pessimisten schon gar nicht. Es ist exakt 21.35 Uhr am Freitagabend, als auf dem Rückweg von Münster nach Saarbrücken die Autogastanks des Projektes S1000plus leergefahren sind. Kurz vor Trier, nach präzise 1365,5 Kilometern wird der Motorlauf unruhig, sodass Prof. Dr. Thomas Heinze und Dipl.-Ing. Michael Fries den Peugeot 5008 ausrollen lassen und das Versuchsfahrzeug mit einer mobilen Station wieder soweit befüllen, dass sie zu einer regulären LPG-Tankstelle kommen können.
1365,5 Kilometer Reichweite bedeutet bei 120 Litern Tankvolumen einen Verbrauch von 8,8 Litern. Ein sehr respektabler Wert wenn man bedenkt, dass elf verschiedene Fahrer den Peugeot 5008 bewegt haben und die Strecke wirklich den normalen Straßenverkehr in Deutschland repräsentierte. Die Detailergebnisse werden nach intensiver Auswertung der Tour durch die Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes am 17. Oktober auf der Econfleet, einer Konferenz und Messe für nachhaltiges Fuhrparkmanagement, in Münster präsentiert.
Text: gm-press
Fotos: Gregor Mausolf