Nein, eine Autobahn-Schleichfahrt über 1000 Kilometer ist die Autogas-Tour des Projektes S1000plus ganz sicher nicht. Bei der Planung der Strecke wurde viel Wert auf einen abwechslungsreichen Mix aus Schnellstraßen, Land- und Kreisstraßen sowie Ortsdurchfahrten gelegt.
Und so gelangt das Team heute kurz hinter der Autobahnabfahrt Essen-Kupferdreh auf Sträßchen, die ins Nirgendwo zu führen schienen. Das Navi hatte längst beschlossen, dass es am oberen Kartenrand nicht weitergeht und auch der Asphalt wurde immer kariöser. Irgendwann ist der Weg dann nur noch geschottert, was die Zahl der Schlaglöcher weiter erhöht. Das Fahrwerk des Versuchsfahrzeuges steckt das prima weg – auch ein Beweis dafür, dass die Alltagstauglichkeit nicht durch den Einbau der drei Tanks mit immerhin 120 Litern Nettovolumen gelitten hat.
Am Steuer des morgendlichen Abschnitts ist diesmal Projektmitarbeiter Dominik Nagel, damit die Zahl unterschiedlicher Fahrer nicht durch den Ausfall des Kollegen von der Recklinghäuser Zeitung (seine Kollegin war krank geworden) geringer wird.
Mittags übernimmt dann der Motorredakteur Thomas Grewe vom Westfälischen Anzeiger das Lenkrad, nachdem er bei einer Tasse Kaffee im Maximilianpark in Hamm schon einmal über die Innovationen im Versuchsfahrzeuges informiert worden ist. Besonders interessiert sich Grewe für den vom Projekt entwickelten Kühlflansch an der Hochdruckpumpe. Mit ihm kann zuverlässig der Dampfblasenbildung entgegengewirkt werden, die nach einem Stopp bei heißem Motor ein Wiederanlassen unmöglich machen würde. So aber funktioniert der Re-Start absolut problemlos. Als Kühlflüssigkeit fungiert dabei das Autogas selbst. Beim Direkteinspritzer gibt es ohnehin eine Rückleitung, mit der überschüssiger Kraftstoff in den Tank zurückgeführt wird. Durch diese Spülung kühlt die Membran-Hochdruckpumpe in kürzester Zeit auf eine für Autogas unkritische Temperatur herunter.
Von Hamm nach Schloss-Holte/Stukenbrock bei Bielefeld führt der zweite Abschnitt des Tages. Er ist der einzige Teil der Strecke, der ausschließlich im Flachland gefahren wird. Zunächst ein paar Kilometer Landstraße parallel zur Lippe, dann auf die Autobahn in Richtung Hannover. Bei Oelde fallen auf einigen 100 Metern sechs bunte Würfel auf, die auf der Spitze stehen. Die stammen vom renommierten Künstler Otmar Alt und wurden 2001 als Werbung für die Landesgartenschau in Oelde aufgestellt. Dies war die wohl erste „Kunst an der Autobahn“. Inzwischen findet sie immer mehr Nachahmer, seit eine Studie ergeben hat, dass Monotonie an der Autobahn gefährlicher ist als dezente Ablenkung – nachzulesen unter http://www.kues-magazin.de/index.php?id=383.Von Monotonie kann auch bei der Testfahrt keine Rede sein. Im Ziel in Stukenbrock steigt Thomas Grewe leicht enttäuscht aus: „Man merkt ja absolut keinen Unterschied zu einem Benziner, ich hätte mir das etwas lauter und ruppiger vorgestellt“. Ne, im Gegenteil. Autogas verbrennt leiser als konventioneller Ottokraftstoff.
Tag 3 der 1.000-Kilometer-Tour ist – zumindest was das Fahren angeht – Geschichte. Erneut absolut ohne das allerkleinste Wehwehchen am Versuchsfahrzeug. Auch das Wetter hat entgegen allen Prognosen zum Trotz gehalten. Ein gutes Zeichen. Das Projekt ist seinem Ziel um weitere 197 Kilometer näher gekommen. Jetzt stehen total 604 Kilometer auf der Uhr. Der Schnitt hat einen neuen „Rekordwert“ von 59 km/h erreicht. Morgen geht's dann über Garbsen bei Hannover nach Minden.
Text: gm-press
Fotos: Gregor Mausolf