Sybil Gräfin Schönfeldt: Bei Thomas Mann zu Tisch.
Arche Verlag (Reihe Arche Paradies); 20 Euro.
Thomas Mann, dessen Texte bisweilen eingesetzt werden als Oberstufenschreck im gymnasialen Deutsch-Leistungskurs oder zur Peinigung germanistischer Erstsemester, war alles andere als ein Kostverächter, dessen Interesse ausschließlich der literarischen Produktion galt. Die Freude am guten Essen hat er bisweilen auch seinen Figuren mitgegeben. Sybil Gräfin Schönfeldt beweist es – sie ist den kulinarischen Vorlieben der Buddenbrooks gefolgt.
Was und wie aß man um 1900 in einer angesehenen Lübecker Familie? Marzipan natürlich und Plettenpudding – die Süßspeise hat schon ihren Weg in weitere Kochbücher gefunden. Aber zur Speisenfolge gehören – natürlich – auch warme Hauptgerichte, Vorspeisen, spezielle Lieblingsessen einzelner Familienmitglieder und vieles mehr. So beginnt der Tag mit einem Porridge, und der Haferflockenbrei, mit dem englische Eltern ihrem Nachwuchs schon mal ungewollt das Frühstücken abgewöhnten, begegnet uns hier als ausgesprochen feine Sache. Wenn es wirklich fein und edel sein musste, standen gebratene Tauben auf dem Menüplan und danach feine Würfel aus Biskuitteig. Wer krank war oder sogar das Bett hüten musste, wurde mit Beef-Tee aufgepäppelt – dem Sud aus Rindfleisch, das mit Wurzelgemüse über Stunden gekocht wurde. Die Speisen, die Sybil Gräfin Schönfeldt auftischt, folgen den renommierten Kochbüchern dieser Zeit.
Siebzehn Jahre nach dem ersten Erscheinen gibt es eine Neuausgabe. Die Spurensuche in Sachen Buddenbrooks wird begleitet von Fotografien und Rezepten zum Nachkochen. Da wird vor allem deutlich, wie sehr Essen, Trinken (und Bewirtung) in dieser Zeit den sozialen Status der Speisenden und der Gastgeber spiegelte – und wie viel Zeit die Zubereitung der Gerichte in Anspruch nahm. Convenience war damals noch in weiter Ferne.