Test-Tour: LandRover Defender

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Test: Motor

Wer Defender fährt, fährt gelassen. Wer nicht gelassen ist, wird es, sobald er Defender fährt. Bei etwa 140 km/h ist der „Ofen“ aus, mehr geht nicht, mehr muss nicht – nicht mit dem Defender. Es ist ein ehrlicher Geländewagen, urban in allen Bereichen, auch beim Motor. Ab 100 km/h wird dieser nicht nur richtig laut, sondern auch übermäßig durstig. Bis dahin allerdings geht er richtig gut voran. Dennoch beschleicht einen ständig das Gefühl, dass dem Wagen künstlich die Luft abgedreht wird. Er will, so der Eindruck, schneller sein – sowohl beim Beschleunigen als auch bei der Höchstgeschwindigkeit, wobei der Top-Speed bei diesem Auto nicht von Bedeutung ist. Kraft ist gefragt. Und die hat der Defender scheinbar im Überfluss. Selbst steilste Hanglagen, mit oder ohne befestigte Fahrbahnoberfläche, führen den Motor nicht im Geringsten an seine Leistungsgrenze. Immer weiter zieht er die Fuhre, ohne dass ihm die Luft ausgeht. Ähnlich wie lange Autobahnfahrten mit hoher Geschwindigkeit quittiert der Motor auch solche Kraftanstrengungen mit erhöhtem Kraftstoffbedarf. Apropos Kraft: Der Hubraum wurde um 200 cm³ von 2,4 Liter auf 2,2 Liter gesenkt, was der Leistung jedoch keinen Einbruch beschert hat. Im Gegenteil: Das maximale Drehmoment liegt nun schon bei 2.000 Umdrehungen.

Test: Antrieb und Fahrwerk

Allradantrieb, sechs Gänge, Untersetzung, Differentialsperren und ein absolut geländegängiges Fahrwerk – das steht dem Fahrer zur Verfügung. Die Getriebeabstufung ist auf Gelände ausgelegt: Kurz übersetzt muss man auf der Straße schnell schalten, um den Fahrfluss nicht zu stören. Im Gelände ist es dem Defender scheinbar ganz egal, welchen Gang man eingelegt hat. Er wühlt sich durch tiefsten Schlamm ohne Ermüdungserscheinungen. Bedingt durch die hohe Karosserie, neigt sich der Wagen bei schneller Kurvenfahrt bedenklich, und ängstliche Passagiere treibt der Neigungswinkel tiefe Sorgenfalten auf die Stirn. Braucht es aber nicht, denn der Defender kippt nicht, zumindest nicht während unserer Testphase. Selbst in Hanglagen von bis zu 49 Grad scheint der Defender den Naturgesetzen zu trotzen und bleibt standhaft. Steigungen jenseits von Gut und Böse, die alle Erwartungen übertreffen und Zweifel an der Erklimmbarkeit aufkommen lassen? Kein Problem: LandRover gibt die maximale Steigfähigkeit mit bis zu 45 Grad an. Das haben wir nicht ausgereizt, dazu fehlte uns der Mumm.

Nur ein Problem trübte während der Testphase von rund 14 Tagen den Defender-Spaß ein: Auf einer der letzten Touren, noch vorm Fotoshooting und weit vom Heimatstandort entfernt, lief der Motor wie ein Uhrwerk, der Vortrieb allerdings blieb aus. Ein typisches Zeichen für einen Kupplungsschaden, zumal sich nur mit Mühe und Not der eingelegte Gang wieder rausnehmen ließ. Wie LandRover auf den Vorfall reagierte, lesen Sie im Fazit.

Test: Karosserie, Interieur und Bedienung

Der Defender ist eines der wenigen Autos, die seit ihrem ersten Auftritt ihr Äußeres nicht oder nur wenig verändert haben – da fällt spontan nur der Porsche 911 ein, der ebenfalls seit ewig seine Form wahrt. Groß, kantig, mit den Defender-typischen Nieten am Seitenteil, der kleinen Frontscheibe, der bulligen Front und einer Form, die eigentlich überhaupt nicht mehr zeitgemäß ist. Denn sie ist weit vom aerodynamischen Weichspülgang entfernt. Markant und auffällig kommt er daher. Besonders in der von uns getesteten Sonderedition „Defender Experience Bolivien Edition“, die silbern mit jeder Menge Sponsorenaufklebern an ein echtes Expeditionsfahrzeug erinnert. Dachträger mit Heckleiter, Zusatzscheinwerfer, Seilwinde, Heck-Such-Scheinwerfer, Trittbretter und Aluminium-Riffelblech auf der Haube unterstreichen die ungeheure Geländegängigkeit deutlich. Die inneren Werte sind ebenso spartanisch wie die äußere Erscheinung. Der Wagen kommt ohne Schnick-Schnack aus, geizt mit Schaltern, Hebeln, Anzeigen und überflüssigen Style-Elementen. Ein ehrliches Auto, das schon beim Einsteigen sagt: „Hey, mit mir kommste trocken und sicher von A nach B, mit mir kannste Spaß haben – aber Clubsessel und ein Bordrestaurant habe ich nicht.“ Die Recaro-Sitze sind bequem und durchaus auch für längere Strecken geeignet. Viel Beinfreiheit im Fondbereich und noch mehr Freiheit im Kofferabteil wird den Insassen geboten. Das Heck lässt sich dank einer großen Tür öffnen, die weit nach rechts schwingt. Dann zeigt sich ein Kofferraum, der an eine Lagerhalle erinnert. Ein Rennrad aufrecht zu transportieren, ohne Sattel und Hinterrad zu demontieren? Kein Problem – der Defender schluckt so einiges, ohne dabei an seine Grenzen zu stoßen. Und wenn doch? Dann rauf mit dem Gepäck aufs Dach.

Testergebnis

Runter von der Straße, rein ins Gelände! Dem Defender sind keine Löcher zu tief, kein Hang zu steil und kein Schlammloch zu morastig. Als echter Wühler werden Motor, Antrieb und Fahrwerk selbst mit den unwirklichsten Strecken schnell gut Freund. Es lässt sich nicht oft genug sagen: Urban, ehrlich und unverblümt – das ist der Defender, der an Daktari und Bernhard Grzimek erinnert. Ein echter Hingucker ist er allemal und stiehlt so manchem Stangenauto die Show. Ehrlicherweise muss man sagen, dass man beim Defender nicht unter Zeitdruck hinters Lenkrad darf. Er ist nun mal kein Rennauto, will keins werden und ebenso wenig wie ein solches bewegt werden. Bleibt noch die Geschichte des technischen Defektes zu schildern: Nach dem Ausfall wurde kurzerhand die Servicehotline verständigt, die versicherte, sich schnell und reibungslos sowohl um einen Abschlepp- als auch um einen Ersatzwagen zu kümmern. Keine 30 Minuten später stand der Defender auf dem Abschlepper und auf gings zur nächsten LandRover-Vertretung. Nach Erledigung der üblichen Bürokratie konnten wir die Fahrt im Ersatzauto fortsetzen – auch wenn es kein Defender war und das Schwedenmobil ein nur geringwertiger Ersatz darstellte. Pannen-Fazit: Dieser Service steht für perfekte Kundenbetreuung. Dabei, so versicherte LandRover, spiele es keine Rolle, wer den Wagen fahre, ein funktionierender Mobilitätsservice werde jedem Kunden zu Teil und nicht nur Journalisten. Unser Kompliment für derartiges Engagement, das nicht von jedem Hersteller so gelebt wird, wie wir schon am eigenen Leib erfahren mussten. Defender fahren gehört definitiv zu einem der letzten Abenteuer der zivilisierten Welt – unsere Devise: Ausprobieren und Gefallen finden.

Datenblatt

Motor:\x09Diesel-Reihenmotor, Rußpartikelfilter
Anzahl Zylinder:\x09\x094
Hubraum cm³:\x09\x092.198
Max. Drehmoment:\x09\x09360 Nm bei 2.000 min-1
max. Leistung:\x09\x0990 kW bei 3.500 min-1
Höchstgeschwindigkeit:\x09194 km/h
Beschleunigung: \x09\x0910,0 sek. bis 100 km/h

Antrieb
– permanenter Allradantrieb
– Mittendifferential-Sperre mit Geländeuntersetzung
– 6-Gang-Schaltgetriebe
– elektronische Traktionskontrolle (ETC)

Fahrwerk
– Vorne: Starrachse, Schraubenfedern, hydraulische Teleskopstoßdämpfer, Panhardstab
– Hinten: Starrachse, Schraubenfedern, hydraulische Teleskopstoßdämpfer, Dreieckslenker
– Reifengröße: 7.50R 16/235/85R16
– Felgengröße 5.5Fx16 oder 5.5Jx16 Stahl
– Rollenfingerlenkung servo-unterstützt

Bremse
– ABS inkl. ETC
– vorne: Innenbelüftete Scheiben
– hinten: Einfache Scheiben

Maße
– B, H, L: 2.182 mm, 2.181 mm, 4.785 mm
– Anzahl der Sitzplätze: 5
– Anzahl der Türen: 5

Gewichte
– Anhängelast kg: 3.500 gebremst, 750 ungebremst
– Leergewicht kg: 2.062
– Maximale Dachlast kg: 750
– Zulässiges Gesamtgewicht kg: 3.050

Kraftstoffverbrauch
– Tankinhalt l: 75
– CO2-Emission kombiniert g / km: 295
– Kraftstoffart: Diesel
– Kraftstoffverbrauch kombiniert l / 100km: 11,1

Test und Text: Redaktionsbüro Uwe Meuren
Fotos: LandRover

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