Recht: Kann eine Kamera Beweise bei Autokratzern liefern?

Es ist immer ärgerlich: Man kehrt zu seinem Auto zurück und sieht, dass es zerkratzt wurde. Ohne Zeugen ist man in der Regel aufgeschmissen. Was ist aber, wenn man eine Kamera auf einem Armaturenbrett, eine sogenannte DashCam, anspringt, wenn sich jemand dem Auto nähert. Darf dann die Aufzeichnung ausgewertet werden, oder steht dem der Datenschutz entgegen?

Es liegt tatsächlich ein Verstoß gegen den Datenschutz vor, wenn Dashcams ohne Anlass aufzeichnen. Bei der Frage, ob eine vorsätzliche Sachbeschädigung vorliegt, darf die Aufzeichnung aber ausgewertet werden. Darauf wies das Landesarbeitsgericht Düsseldorf am 19. Januar 2023 (AZ: 13 Sa 624/22) in einem Verfahren hin, das letztlich in einem Vergleich endete. Da eine Unfallflucht auch eine Straftat ist, käme eine Auswertung auch in diesen Fällen in Betracht, so die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).

Ein Mann, der spätere Kläger, warf seinem Kollegen vor, er habe seinen VW-Transporter zerkratzt und verlangte Schadensersatz in Höhe von 1.725,62 Euro. In dem Transporter war eine Dashcam angebracht. Am Morgen des 16. Februar 2021 parkte der Kläger vor Arbeitsbeginn gegen 07.00 Uhr sein Fahrzeug auf dem städtischen Parkplatz. Kurze Zeit später stellte der Beklagte seinen Wagen daneben ab. Als der Kläger gegen 09.00 Uhr zum Fahrzeug zurückkehrte, war dieser an der rechten Seite an Beifahrer- und Schiebetür zerkratzt. 

Der Kläger hat behauptet, sein Kollege habe seinen Wagen mit einem Schlüssel zerkratzt. Dies ergebe sich aus den Aufnahmen seiner Dashcam. Diese zeigten zwar nicht die Sachbeschädigung. Die Kamera habe aber kurze Zeit nach dem Einparken ein Kratzgeräusch aufgenommen. Nach der Intensität und Geräusch zufolge könne dies nur von einem mutwilligen und vorsätzlichen Zerkratzen seines Wagens durch den Beklagten stammen.

Der Beklagte bestritt die angebliche Sachbeschädigung. Die aufgenommene Tonspur könne auch seine Schritte über den vereisten Parkplatz oder das Geräusch des Einklappens seines Seitenspiegels aufgezeichnet haben. Außerdem widersprach er der Verwertung der Aufnahmen der Dashcam. Diese habe in datenschutzrechtlich unzulässiger Weise anlasslos Bild- und Tonaufnahmen gemacht. 
Er bestritt auch, dass die Tonspur zeitgleich mit den Bildaufnahmen erfolgte. Sie könne auch nachträglich hinzugefügt worden sein. 

Die Aufzeichnung einer Dashcam darf in diesem Fall als Beweismittel ausgewertet werden, so das Landesarbeitsgericht in Düsseldorf. In der Verhandlung führte das Gericht aus, dass dies nötig wäre, da eine Entscheidung auf der bislang festgestellten Tatsachengrundlage nicht in Betracht komme. Zwar lag in der Aufzeichnung ohne Anlass durch die Kamera ein Datenschutzverstoß vor. Bei der gebotenen Interessenabwägung im Hinblick auf die mögliche vorsätzliche Sachbeschädigung führe dies aber nicht zu einem Beweisverwertungsverbot. 

Daher kündigte das Gericht an, dass es das Video der Dashcam ebenso in Augenschein nehmen werde wie die beiden vor dem Landesarbeitsgericht geparkten Fahrzeuge der Parteien. Möglicherweise käme anschließend ein Sachverständigengutachten zur Frage der nachträglichen Hinzufügung der Tonspur in Betracht.

Soweit kam es dann doch nicht. Noch vor der Beweisaufnahme kam es auf Vorschlag des Gerichts zu einem Vergleich: Demnach zahlt der Beklagte die Hälfte der Klageforderung, d. h. 862,81 Euro, an den Kläger. Weitere 862,81 Euro zahlt der Beklagte an eine gemeinnützige Organisation. Beide Seiten wurden sich auch darüber einig, dass dem Beklagten keine Schadensersatzansprüche aufgrund etwaiger Verstöße gegen den Datenschutz zustehen. Im Hinblick darauf, dass die Streithähne weiter zusammenarbeiten müssen, war der Vergleich vernünftig.

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