CD-Tipp der Woche

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Eurovision Song Contest. Baku 2012: Light Your Fire. (Universal)

Die Verjüngungskur des Eurovision Song Contest ist geglückt: Seit Jahren können, anders als früher, die Eurovisionsbeiträge schon vor dem Wettbewerbsabend international angehört werden, gibt es Internet-Votings unter den eingefleischten Wettbewerbsfans (nicht selten völlig verschieden von denen im Finale) und Diskussionen über Regelverstöße und die Frage: Disqualifizieren oder nicht?

Entsprechend sind es neben den gut produzierten Popsongs (von denen es jedes Jahr ein gewisses Quantum gibt) 2012 die skurrilen Bewerber, die das Interesse auf sich ziehen. Trug eine ganz und gar auf Gefälligkeit setzende Schmachtballade 2011 mit schwedischer Unterstützung (Text und Musik) den Sieg nach Baku, könnten die (Publikums)juroren heuer Gefallen am Schrägen finden. Zum Beispiel an russischen Sängerinnen jenseits der Siebzig, die in landestypischer Tracht mit ebensolchen Klängen aufwarten. Da wirkt der Titel der Darbietung – Party For Everyone schon täuschend gefällig. Österreich, nach kurzer Abstinenz aus dem Schmollwinkel auf die Eurovisionsbühne zurückkekehrt, setzt auf Klamauk. Das könnte klappen, erzielte zum Beispiel mit dem Rezept Alf Poier, Starkomiker der Alpenrepublik, vor Jahren ein respektables Erebnis. Nicht zuletzt will Ralph Siegel es nochmal wissen: Mr. Grand Prix steht 2012 in den Diensten von San Marino. Mit einer jungen Sängerin bietet er eine Parodie auf soziale Netzwerke an. Die musste er kurz vor Toresschluss noch umtexten, nachdem die Ur-Version im Titel eines der bekanntesten sozialen Netzwerke namentlich führte. Das ging bei den Regelwächtern nicht als Parodie aufs Medium generell, sondern als Schleichwerbung für das genannte durch. Ob Siegel (der seit 1974 mitmischt und die Regeln zweifelsfrei kennt) das schlicht verschlafen oder es nur hat drauf ankommen lassen, bleibt offen.

Nicht zuletzt kann auch ein ganz und gar eingängige Mainstream-Popballade zum Außenseiter und Geheimtipp werden. Dann liegt's am Interpreten: Holt nämlich das Mutterland des Pop nach Jahren mal wieder den ersten Platz, wird's eine doppelte Sensation: Mit dem 76-jährigen Engelbert Humperdinck, seit einem halben Jahrhundert im Geschäft, geht für England der älteste ESC-Teilnehmer der Wettbewerbsgeschichte an den Start. Und sollte Roman Lob für Deutschland triumphieren, hätte das Vereinigte Königreich auch in gewisser Weise einen Teilsieg. Immerhin ist an Standing Still Jamie Cullum maßgeblich beteiligt.

Wer alle Beiträge eines Jahrgangs haben will, kommt übrigens um diese CD sowieso nicht herum. Ein Großteil der Songs wird am Finale gar nicht teilnehmen, sondern in zwei Vorrunden mittels Televoting regelrecht ausgesiebt. Mit abstimmen werden die Länder der Ausgesiebten dann trotzdem.

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