Sven Hannawald: Zweite Karriere – Ein Ex-Profisportler als Lehrling

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Zusammen mit dem ehemaligen Formel-1-Star und Vize-Weltmeister Heinz-Harald Frentzen legte der ehemalige Skisprung-Weitenjäger Sven Hannawald (37) in diesem Jahr in der spektakulären ADAC GT Masters eine beeindruckende Saison hin. Geschichte schrieb der gebürtige Thüringer allerdings nicht im Motorsport, sondern in der ihm angestammten Sportart auf den Schanzen dieser Welt. Nun jährt sich zum zehnten Mal eine Leistung, die seit diesem Zeitpunkt keinem Skispringer der Welt mehr gelang. Als erster (und auch bisher einziger) Skispringer gelang es ihm, alle vier Springen des größten Skisprung-Events, der internationalen Vierschanzen-Tournee, zu gewinnen. Kurze Zeit später, mit 29 Jahren, zog sich Hannawald dann wegen eines Burnout-Syndroms aus dem Leistungssport zurück.

Als Motorsportler genießt „Hanni“, wie ihn damals seine Freunde und Fans nannten, jetzt eine zweite Karriere. Die geht zwar auch nicht ohne Druck einher, doch vergleichbar mit dem, was er jahrelang an Erwartungshaltung seiner Umwelt hatte mit sich herum schleppen müsse, ist der Auftritt in der ADAC GT Masters nicht mehr. In einer ca. 600 PS starken Corvette geht der „Lehrling“ Hannawald an der Seite des 44-jährigen Frentzen jetzt auf Runden- und Sekundenhatz auf den Rennstrecken der GT-Serie. Als Konkurrenten des ehemaligen „Herrn der Lüfte“ müssen jetzt die Stuck-Söhne Ferdinand und Johannes oder andere versierte Rundstrecken-Piloten herhalten.

Leistungsdruck, sagt der 37-Jährige, habe er zwar auch in seiner neuen Rolle, aber dies sei nicht vergleichbar mit dem, was auch an medialer Belastung während seiner Zeit als Skispringer auf ihn eingestürmt sei. Bereits in der Saison 2010 machte er seine ersten Schritte im Motorsport an der Seite des Müncheners Thomas Jäger. In der Saison 2011 ging er gemeinsam mit Frentzen an den Start der insgesamt 16 Rennen an acht Wochenenden. Sein Fazit als „Rookie“ in der Serie seiner zweiten Karriere klingt aber durchaus zufriedenstellend: „Das ABC des Rennfahrens habe ich im letzten Jahr bereits von Thomas Jäger gelernt, in diesem Jahr ging es vor allem um die Feinarbeit. Es war sehr beeindruckend für mich, wie Heinz-Harald Frentzen Dinge analysiert und auf welche Feinheiten er achtet. Dazu strahlt er eine unglaubliche Ruhe aus, unabhängig davon, was rund um ihn los ist. Er ist aus der Formel 1 ja einen ganz anderen Druck gewohnt und seine Souveränität beruhigt mich dann auch.“

Beide, der ehemalige Formel-1-Star und der Weitenjäger auf der Schanze hatten übrigens eine Wette geschlossen, die einen Rollentausch zum Inhalt hatte. Doch der Gang an die Schanz blieb Frentzen dann nach der Saison doch erspart. Beide hatten für die Saison 2011 eine sogenannte Podiumswette abgeschlossen. Hätten es Frentzen und Hannawald in ihrer Corvette Z06 von Callaway Competition im ADAC GT Masters einmal auf das Podium geschafft, hätte Motorsport-Quereinsteiger Hannawald seinen Teamkollegen Frentzen in die Geheimnisse des Skispringens einweihen müssen. Vorgesehen war ein Trainingssprung von „HH“ auf einer kleinen Schanze in Hinterzarten (Schwarzwald) wo die Jüngsten sich mit dieser Sportart vertraut machen.

Hannawald aber hat offensichtlich Spaß an seiner „zweiten Karriere“ gefunden: „Ich habe bei jedem Renn-Wochenende viel von Heinz-Harald lernen können. Man merkt direkt, dass man es auch mit einem wirklichen Profisportler zu tun hat. Die Leistungsdichte in dieser Klasse ist mit 40 Fahrzeugen enorm hoch.“ Was aus dem Duo Frentzen/Hannawald in der Saison 2012 wird, ist derzeit aber noch offen. Frentzen gibt sich selbst Bedenkzeit: „Die ADAC GT Masters sind eine von mehreren Optionen für mich. Ich wünsche Sven jedoch, dass er weitere Fortschritte macht. Er geht mit dem nötigen Ehrgeiz, aber nicht verbissen, an seine Aufgabe heran.“

Text und Fotos: Jürgen C. Braun

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