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„Ein Auto für alle Menschen, ein Auto für die Welt“, sollte der Honda Civic nach dem Willen des Unternehmenspatriarchen Soichiro Honda werden. Als automobiler Weltbürger hatte der Civic vor 40 Jahren die Aufgabe, die schnell wachsenden Metropolen und Megastädte zu erobern und die japanische Marke aus ihrem automobilen Nischendasein zu befreien, das bis dahin vor allem von Kleinstwagen und Bonsai-Roadstern bestimmt wurde. Bürgerlich-brav wie es sein ziviler englischer Name versprach, war der Civic allerdings anfangs nicht. So setzte er als erster japanischer Kompaktwagen auf das damals noch neue Konzept von praktischer Heckklappe, quer eingebautem Motor und Vorderradantrieb. Beste Basis für den Civic, um bereits zwei Jahre vor Einführung des VW Golf zu einem der großen globalen Bestseller in der Kompaktklasse aufzusteigen. Eine Position, die der kompakte Honda mit insgesamt über 17 Millionen produzierten Einheiten bis heute verteidigt und mit der gerade lancierten neunten Generation ausbauen will.

Eine Ausnahmestellung besaß bereits der Urvater des Civic, dessen Entwicklung vom Prototypen bis zum Serienstart im Rekordtempo von nur zwei Jahren erfolgte. Entstanden war sein Konzept im Jahr 1970, einem Jahr das für Japan von entscheidender Bedeutung war. In Osaka fand die Expo statt, die olympischen Winterspiele Sapporo 1972 wurden vorbereitet und der Geschwindigkeitsmesser des japanischen Wirtschaftswunders stand auf Vmax. Nippons Automobilindustrie gelang der große Sprung nach Amerika und Europa, mit dem das Land der aufgehenden Sonne zum weltweit zweitgrößten Fahrzeughersteller hinter den USA aufstieg.

Anfangs war Honda ein Vorreiter bei der Eröffnung von Importzentralen in westlichen Ländern. Allerdings blieb der Motorradgigant ein automobiler Zwerg, zu sehr hatte man sich auf die Nische der Kleinwagen und Mini-Sportwagen konzentriert. Nachhaltig ändern sollte dies ein vollkommen neues Fahrzeug, das als erstes fernöstliches Volksauto westliche Märkte erobern sollte. Dazu distanzierte sich Honda vom Konzept der klassischen kleinen Stufenhecklimousine mit traditionellem Hinterradantrieb, einem Layout, das damals nicht nur in Nippon, sondern auch in den USA und bei vielen europäischen Marken dominierte. So wurde der Honda Civic zum bürgerlichen Rebell, der global für Schlagzeilen sorgte.

Dem Civic gelang, woran der zwei Jahre später vorgestellte Golf zunächst scheiterte: Er eroberte im Handstreich den nordamerikanischen Markt. Möglich machten dies das sportliche Markenimage, vor allem aber der sparsame und schadstoffarme CVCC-Magergemischmotor, der bis 1983 sogar ohne Katalysator die strengen US-Abgasnormen erfüllte – und eine in dieser Klasse ungewöhnliche optionale Getriebeautomatik. Etwas langsamer erfolgte der Durchbruch in Deutschland und Europa, wo der Absatz des sparsamen Civic nicht einmal durch die erste Ölkrise und gute Testergebnisse in Fachzeitschriften beflügelt wurde. Erst die Einführung einer ganzen Modellfamilie mit insgesamt vier Karosserievarianten und eine serienmäßige Komplettausstattung – als erster Kompakter wurde der Civic ohne Aufpreis mit Audioanlage ausgeliefert – ließ die Verkaufszahlen rapide ansteigen. Bereits 1976 erreichte seine Produktion die Millionengrenze.

Bis zum ersten Modellwechsel konnte sich Honda deshalb sieben Jahre Zeit lassen und auch dann gab es nur eine Evolution des Bestsellers. Der sogenannte „Super-Civic“ von 1979 zeigte sich in geglätteter Form und, dem Zug der Zeit folgend, in größerem Format. Die Produktion erfolgte nicht mehr nur in Japan, sondern auch in anderen asiatischen Ländern. Neu war eine Stufenhecklimousine, die gleichzeitig die Basis für den etwas feiner ausgestatteten Honda Ballade bot. In Europa wiederum wurde der Ballade in leicht modifizierter Form ab 1981 als Triumph Acclaim verkauft, der Anfang einer Kooperation zwischen Honda und dem britischen Staatskonzern British Leyland. So gab es auch von der 1983 vorgestellten dritten Generation des Civic ein englisches Derivat, den Rover 200. Vielleicht wichtigstes Ergebnis der japanisch-britischen Freundschaft: 1986 wurde im englischen Swindon das erste europäische Honda-Werk eröffnet. Die Zusammenarbeit mit dem schwächelnden Rover-Konzern kam allerdings zu einem jähen Ende als BMW den „englischen Patienten“ im Jahr 1994 übernahm.

Zu diesem Zeitpunkt hatte der Civic bereits drei weitere Modellwechsel absolviert und sich in neuer Familienvielfalt vorgestellt. Den Anfang machte der Civic von 1983: Während eine extrascharf gezeichnete dreitürige Steilhecklimousine den renommierten italienischen Car-Design-Award von Turin und Piemont gewann, war der Shuttle ein früher Vorreiter kleiner Hochdachlimousinen und Vans, auf Wunsch sogar mit Allradantrieb. Damals außergewöhnlich innovativ waren zudem die 1,5-Liter-Vierzylinder-Benziner mit Drei-Ventil-Technik, die in der 74 kW/100 PS starken Spitzenversion das vollkommen neue Sportcoupé CRX knapp 200 km/h schnell machen. Genug, um der etablierten europäischen Konkurrenz davon zu fahren und die Herzen vieler jungen Kunden zu erobern. Der CRX löste eine Welle der Begeisterung für japanische Sportler aus, die erst 1990 vom Mazda MX-5 übertroffen wurde. Aber sogar dann konnte der sportliche Honda noch einen Meilenstein setzen: Das 1990 eingeführte 110 kW/150 PS starke 1,6-Liter-Vtec-Triebwerk setzte erstmals auf die Technik der variablen Ventilsteuerung. Noch mehr Kraft unter der Haube hatte die fünfte Generation, die als „Sports Civic“ beworben wurde. Neue Vtec-Motoren setzten bis zu 118 kW/160 PS frei. Auf ganz andere Art sorgte der „Vtec-Economy“-Motor im Dreitürer für Aufsehen: 4,97 Liter auf 100 Kilometer genügten dem Benziner 1994 zum Sieg bei der Verbrauchsrekordfahrt „Eco Tour of Europe“.

Damals bot Honda den Kompaktwagen in den Versionen Dreitürer mit erstmals geteilter Heckklappe, Stufenheck und CRX an. Weitere Karosserieversionen, wie das erste Civic Coupé und der Kombi Aero Deck, sollten der sechsten Civic-Generation ab 1995 in der immer dichter besetzten Kompaktklasse neue Kunden zuführen. Passend zur Einführung dieses Civic überstieg die Gesamtproduktionszahl der Baureihe die Zehn-Millionenmarke.

Besonderes Aufsehen erregte der 2001 eingeführte siebte Civic in der Hybridversion IMA. Mit ihm erhielt der Toyota Prius seinen ersten Rivalen. Ein Vollhybrid, der rein elektrischen Vortrieb ermöglichte, war der Civic IMA allerdings nicht. Der Elektromotor arbeitete im ersten IMA nur unterstützend, ganz so wie auch in den aktuellen Honda-Hybrid-Typen. Vor allem aber war der Civic IMA nur als Stufenhecklimousine lieferbar, was ihn in Deutschland zum Nebendarsteller degradierte. Größerer Beliebtheit erfreute sich dafür hierzulande der 2002 eingeführte erste Civic Diesel. Formal wirkte der Civic nun allerdings eher bieder und betagt.

Futuristisch wie ein Raumschiff gab sich deshalb die achte Generation des japanischen Erfolgsmodells, die 2005 auf dem traditionellen Premierenpodium der Frankfurter IAA enthüllt wurde. Zurück zu den Wurzeln sollte dieser Civic führen als sportlicher und sparsamer Kompaktklässler. Abgesehen von seiner spektakulären Optik und einem neuen Selbstzünder ließ er es jedoch an außergewöhnlichen Neuerungen fehlen. Genau diese Mischung zwischen technischer Bürgerlichkeit und rebellischem Design genügte aber, um die beim Vorgänger abgeflachte Erfolgskurve wieder nach oben zu führen. Ein Ziel, das jetzt auch die Nummer neun der japanischen Kompaktklasse verfolgt.

Text: Spot Press Serivces/Wolfram Nickel
Fotos: Autodrom Archiv, Honda, SPS

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