Liebe Leserinnen!
Liebe Leser!

Weihnachten soll ja eher ein Fest der Besinnlichkeit, der Freude sein. Eines, an dem man Personen, denen man nahe steht, mit Geschenken oder Aufmerksamkeiten bedenkt. Für mich ist in der vorweihnachtlichen letzten Advent-Woche dagegen eine schon lange gehegte Befürchtung traurige Wahrheit geworden, die so gar nichts mit festlicher Freude zu tun hat. In Trollhättan gehen jetzt endgültig die Lichter nicht nur am Weihnachtsbaum aus. Sprich: Der traditionsreiche schwedische Autobauer Saab hat Insolvenzantrag gestellt.

Damit steht Saab nach monatelangem Kampf um frisches Geld vor dem endgültigen Aus.

Was traurig und bitter ist, wie ich finde. Denn Saab war nicht irgendwer. Die Skandinavier zeichneten sich dadurch aus, dass diese Marke immer für die eine oder andere Überraschung gut war. Autos von Saab waren meist anders als der Rest der mobilen Blech- und Lackwelt. Schon am Outfit der Fahrzeuge, beispielsweise der Modellreihen 9-3 oder 9-5 Aero, war zu erkennen, wo die Wurzeln dieses Konzerns lagen: Im Flugzeugbau.

Als solcher wurde im Jahr 1937 die Svenska Aeroplan Aktiebolaget gegründet. Die Buchstabenkürzel verewigten sich im Namen Saab. Und dadurch in Fahrzeugen, die immer eine Alternative zum uniformen Einheitsbrei auf dem Automobilmarkt waren. Saab-Modelle waren so eine Art skandinavischer Citroën-Ableger. Etwas anders, etwas überraschender, etwas vorausdenkender und manchmal auch etwas schrullig. Irgendwie sah die Front von Saab-Autos so aus, als sei da ein großes pausbäckiges Etwas unterwegs, das den Mund zu voll genommen hatte. Kultstatus erlangte in den 1960er Jahren der „Saab 96“ mit dem schwedischen Rallyepiloten Erik Carlsson. Dem „gelang“ immer wieder der eine oder andere Überschlag mit dem Gefährt, was ihm einen Spitznamen aus der Nordland-Literatur einbrachte: Carlsson vom Dach.

Vor Jahren war es mir einmal vergönnt gewesen, durch das Saab-Museum direkt neben dem Stammwerk in Trollhättan zu flanieren. Von Beginn an hatte ich den Eindruck, als atmete ich dort sprichwörtlichen Pionierduft ein. Saab-Modelle waren keine Erzeugnisse einer Großserientechnik. Diese Autos schienen reden zu können. Es schien mir, als erzählten sie mir etwas aus der Welt ihrer Vordenker, Erbauer und vielleicht auch „Liebhaber“, die immer auf der Suche nach der etwas anderen Individualität der Mobilität war.

Zugegeben: Man konnte sich manchmal auch über einen Saab aufregen, weil mal wieder irgendwas nicht funktioniert hat, so wie es eigentlich sollte. Und dass manche Idee, die umgesetzt wurde, eigentlich besser eine Idee geblieben wäre, weil sie das Leben im und mit dem Auto nur ein bisschen verzwickter als angenehmer und bequemer machte. Aber: wer Saab kaufte, wer Saab fuhr, der stand auch zu Saab.

Der Niedergang dieser außergewöhnlichen Marke begann 1989, als sich die Manager von General Motors des Unternehmens bemächtigten. Unter diesem Dach verlor Saab sein Anderssein. Bald waren die neuen Modellreihen nur noch stromlinienförmige Erzeugnisse aus dem darbenden GM-Konzern. Siechtum und Agonie der Marke währten zwei Jahrzehnte. Im vergangenen Jahr wurde Saab an den holländischen Sportwagen-Hersteller Spyker verkauft. Wohl gab es viele neue Ideen, aber es fehlte leider das Geld dazu, diese Vorstellungen umzusetzen. Zum Schluss standen die Produktionsbänder seit neun Monaten still. Saab schuldet seinen Zulieferern Milliarden und kann seine etwa 3.600 Mitarbeiter nicht mehr bezahlen. Das war’s dann wohl.

Eine recht traurige „Weihnachts“-geschichte – zugegeben. Über eine Automarke, die – wie ich glaube – eine Würdigung an dieser Stelle wirklich und wahrhaftig verdient hat.

Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende und ein besinnliches und friedvolles Weihnachtsfest.

Ihr Jürgen C. Braun

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