Liebe Leserinnen!
Liebe Leser

Mit der Quotenregelung ist das so eine Sache. Mal geht es um Ausländer, dann um Behinderte, ein drittes Mal um Frauen. Wobei ich – um sofort allen Anders Denkenden den Wind aus den Segeln zu nehmen – da keine Quervergleiche zwischen den genannten Gruppen oder gesellschaftlichen Schichten anstellen möchte. Das Prinzip aber ist jedes Mal das Gleiche: Es geht einzig und allein darum, bei Einstellungen nicht nach dem Leistungsprinzip, sondern nach dem Proporz zu entscheiden. Eben darum, dass eine bestimmte Anzahl offensichtlich unterrepräsentierter Personen nicht übergangen wird. Ihre Eignung ist dabei – wenn überhaupt – nur von sekundärer Bedeutung. Ausschlag gebend ist alleine die Zugehörigkeit zur auserkorenen „Kaste“.

Sicherlich ahnen Sie, woraus ich hinaus will: In dieser Woche flimmerte das Thema „Frauenquote“ mal wieder über die Bildschirme und geisterte durch die Schlagzeilen der Gazetten. Nachdem die Damen (und Ministerinnen) Schröder und von der Leyen sich der kontroversen Diskussion mal wieder angenommen hatten und sich für ihre Geschlechtsgenossinnen im wahrsten Sinn des Wortes stark gemacht hatten, ließen sich die 30 mächtigsten – im Dax vertreten – Konzerne nicht lange bitten. Sie erklärten, sich dafür ein zu setzen, dass der Anzahl weiblicher Führungskräfte in ihren Chefetagen bis zum Jahr 2020 um 30 Prozent steigen solle. Ehrlich! Versprochen!

Immerhin: Kristina Schröder, die Familienministerin, die erst kürzlich Mutter geworden ist, nennt es vorsichtshalber mal „Flexi-Frauenquote“. Das klingt doch etwas moderater, nicht so stur. Und außerdem sollen Zuwiderhandlungen „lediglich“ mit bis zu 25.000 Euro hohen Bußgeldern geahndet werden können. Ein erster Vorstoß für eine Quotenregelung war Anfang des Jahres noch an der Bundeskanzlerin gescheitert. Nun, die kann sich sicherlich über die Frauenquote in ihrem Amt nicht beschweren. Mehr als 100 Prozent geht nun mal nicht.

Flugs meldete sich darauf der Volkswagen-Konzern und erklärte, dass man „ohne gesetzliche Vorgaben auf differenzierte Quoten und selbst gesetzte Ziele“ setze. Damit habe man bei der Förderung von Frauen gute Erfahrungen gemacht, Der VW-Personalvorstand verwies darauf. „dass der Anteil der im Konzern in Deutschland eingestellten Hochschulabsolventinnen von 19 Prozent im Jahr 2007 auf 22 Prozent in diesem Jahr“ angestiegen sei. Das ausgegebene Ziel seien jedoch 28 Prozent. Diese Zahl entspreche dem Anteil der weiblichen Absolventen, die im vergangenen Jahr die für Volkswagen relevanten Studiengänge wie Maschinenbau, Elektrotechnik, Informatik und Wirtschaftsingenieurwesen abgeschlossen hätten.

Nun lässt sich trefflich darüber streiten, ob lediglich findige VW-Marketingstrategen im Zuge der angeschobenen Debatte mit diesen Zahlen an die Öffentlichkeit gegangen sind, um damit nachdrücklich unter Beweis zu stellen, dass es im Hause VW weder Frauenfeindlichkeit noch Ressentiments gegenüber Mitarbeiterinnen in Führungspositionen gibt. Seit 2004 habe VW eigens den „woman-driving-award für die besten Ingenieurinnen aus Automobil-affinen Studiengängen ins Leben gerufen. Flexible Arbeitszeiten für Mütter und eigene Kinderhorte im Haus gehörten dazu. Womit die Wolfsburger wohl auch sagen wollen: Seht her, liebe Frauen, wir sind auf dem Weg zu Europas Nummer eins nicht nur beim Verkauf der produzierten Automobile, sondern auch bei der Akzeptanz und Auswahl unserer weiblichen Führungskräfte. Was ja bei der einen oder anderen noch unschlüssigen Kundin durchaus ins Gewicht fallen könnte.

Dabei fällt mir gerade ein: Zum regelmäßigen dreiköpfigen Autorenteam dieses Büros gehören im Allgemeinen zwei Schreiberinnen und ein männliches Pendant. Ich denke, bei der nächsten Redaktionskonferenz ist es höchste Zeit, endlich mal das Thema „Männerquote“ anzusprechen. Keine Widerrede, Kolleginnen!

Dennoch: Ich wünsche (allen) Leserinnen und Lesern eine angenehmes Woche.Ihr Jürgen C. Braun

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