Automobilmessen wie die derzeit noch bis Sonntag in Frankfurt/Main zu bestaunende IAA ziehen die Besucher aus zweierlei, aber ganz verschiedenen Gründen, an: Zum einen gilt es, sich ein bisschen im „Wunderland der Automobil-Exoten“ in der Welt von reich, schnell und schön, um zu schauen. Doch dann, wenn dem Hunger nach PS-Stärken, nach Leistung, nach Attributen wie „unbezahlbar“ und „sündhaft schön“ endlich Genüge getan wurde, meldet sich die zweite Antriebsquelle, die den Besucher unter den Frankfurter Messeturm gelotst hat:
Da setzt dann der Verstand, das Kopfgefühl, statt des Bauchkribbelns ein. Dann nämlich, wenn es um Fahrzeuge geht, die man selbst vielleicht irgendwann einmal bewegen will und muss. In nächster Zukunft vielleicht sogar. Und dabei geht es dann meist eine Stufe tiefer und kleiner. Die „großen Stars“ dieser 64. IAA sind dann auch neben den Erzeugnissen der Nobelmarken die „kleinen Hüpfer“, die erst noch „richtige Autos“ werden wollen. Was in Frankfurt noch als „Seifenkiste“ gilt, gehört in absehbarer Zukunft vielleicht schon zum automobilen Alltag.
Im Minimalismus liegt bei vielen Herstellern, so auch bei den deutschen Autobauern, die Chance für die Zukunft. Und die liegt bei weitem nicht nur auf dem deutschen, nicht nur auf dem europäischen Markt. Opel etwa will beweisen, dass die kürzlich vorgestellte Elektrolimousine Ampera keine Eintagsfliege im Modellprogramm der Rüsselsheimer bleiben wird. Auf dem Opel-Stand steht demzufolge ein Batteriefahrzeug für den Stadtverkehr auf Basis des Kleinwagens „Junior“. Das Fahrzeug soll in drei Jahren auf deutschen Straßen zu sehen sein. Zudem ist dort ein bislang noch namenloses Konzeptfahrzeug zu bewundern, das genau wie der „Urban Spider“ von Audi, oder der Volkswagen „Nils“ die Schmalspurmobile für die Mega-Cities von morgen vorweg nimmt.
Der in Frankfurt ausgestellte Mini-Opel ist gerade mal knapp drei Meter lang und nicht einmal einen Meter breit. In der größtenteils aus Aluminium und Karbon futuristisch gestylten Karosserie haben zwei hintereinander sitzende Personen Platz. Für den Antrieb sorgt ein Elektromotor an der Hinterachse, mit dem Geschwindigkeiten bis zu 120 km/h erreicht werden sollen, sodass auch Autobahn-Fahrten in Frage kommen. Technische Daten werden noch nicht bekanntgegeben. Allerdings haben die Opel-Ingenieure bereits die Betriebskosten ermittelt. Opel selbst spricht in einer Pressemitteilung von einem „hohen Potenzial für eine Serienfertigung.“ Gedacht ist eventuell auch an eine auf 45 km/h gedrosselte Version des Zweisitzers. Damit könnten dann sogar 16-jährige Neueinsteiger in die Mobilität ihre ersten Erfahrungen sammeln.
Konzeptfahrzeuge sind aber beileibe kein Opel-Privileg in Frankfurt. Das beweist Audi mit zwei Varianten des Mini-Ingolstädters „Urban Concept“. Auch dieses mit einem Elektroantrieb ausgestattete Karbon-Fahrzeug soll einmal als Zweisitzer auf den Markt kommen. Die große Konzernmutter Volkswagen glänzt dagegen mit einem Konzeptfahrzeug namens „Nils“. Daneben gilt sogar der eigentliche VW-Messestar „Up!“ als regelrechter Riese. Heraus hält sich auf diesem Sektor lediglich BMW. Den Münchenern steckt wohl immer noch das gescheiterte Projekt „C1“ in den Kleidern. Das überdachte Krad fuhr seiner eigenen Zukunft stets voraus und wurde nie von ihr eingeholt. Nach drei Jahren wurde die Produktion eingestellt.
Ob sich solche Fahrzeuge daher im Alltagsverkehr wirklich einmal durchsetzen werden, bleibt Zukunftsmusik. Dazu müsste man gegen den gesamten Zweirad-Betrieb wie Roller, Mopeds oder Motorräder antreten, Sie sind regelrechte Zwitter, derzeit noch ohne Emotionen und – was noch schlimmer ist – wohl auch noch ohne Lobby. Ob daraus einmal der Mobilitätsmarkt für den urbanen Verkehr wird, bleibt abzuwarten. Interessant anzusehen sind sie auf der IAA jedoch allemal.
Text und Fotos: Jürgen C. Braun