Brennstoffzellen-Technik: Heute versus morgen

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Eigentlich müssten alle Deutschen unendlich stolz sein auf ihre Wissenschaftler, Ingenieure und Techniker, die sich mit erdölunabhängigen Antriebsalternativen befassen. Doch ist es derzeit vor allem den Entwicklern aus dem Land der aufgehenden Sonne zu danken, dass es rein elektrische wie auch Hybrid-angetriebene Fahrzeuge gibt. Die Erfinder des Automobils aus der Mitte Europas sahen in diesem Punkt bislang nicht übermäßig kreativ aus. Da sich aber möglicherweise der elektromotorische Antrieb für die Zukunft als technologische Sackgasse erweisen könnte, bekamen dann doch die deutschen Forscher urplötzlich nachhaltigen Rückenwind. Denn oftmals finden gerade in den Bereichen der Hochtechnologie parallele Entwicklungsströme statt. Deutschland und andere Europäer waren indes nicht ganz untätig geblieben. Nur der Kern ihrer Bemühungen lag auf einem anderen Tablett. Schlagwort der Zeit ist momentan die Brennstoffzelle. Sie wird möglicherweise 2013, also bei der nächsten IAA, das diesjährige Schwerpunktthema Elektromobilität konterkarieren. Und plötzlich steht die deutsche Forschung wieder im Mittelpunkt des Interesses. Zwar fahren seit etwa knapp 10 Jahren bereits etliche Flottenfahrzeuge in bunter Lackierung mit der Brennstoffzellen-Technologie national und international über die Straßen, erwecken auch Interesse, wurden aber bislang eher unter der Rubrik Naja, ob das mal was wird … registriert.

Wenn viele nach der gleichen Lösung suchen, bietet es sich an, Gemeinschaftsarbeit zu leisten, um synergetische Effekte zu nutzen, Kosten zu sparen und trotzdem schneller an's Ziel zu geraten. Das Kochen individueller Süppchen hat sich nicht immer als erfolgversprechend erwiesen. Ein positives Beispiel: Opel und Daimler, auf dem harten Markt unerbittliche Konkurrenten, haben sich in Sachen Brennstoffzellen-Forschung zusammengetan. Ein löblicher Schritt, wie sich anlässlich eines Fachseminars für Motorjournalisten (VdM und MPC), das aus Rüsselsheim und Stuttgart gemeinsam bestritten wurde, jüngst zeigte.

Die Referenten, Dr. von Helmolt/Adam Opel AG und H. Fröschle/Daimler, verteidigten natürlich das Brennstoffzellen-System vehement gegenüber dem elektromotorischen Alternativen, sind sie doch mit Chefentwickler und betreuen den Forschungsgang von Anfang an. Es ging unter anderem auch um Standardisierungen von Komponenten, Normungen und Infrastrukturen, somit um Kostendämpfende Maßnahmen. Beispiele gefällig? Tankstellen-Netz, Zapfpistolen, Komponenten für das System etc. Als warnendes Beispiel darf angefügt werden: allein innerhalb Europas sind mindestens 7 (!) verschiedene Adapter in Umlauf, um mit Autogas betriebene Fahrzeuge an den entsprechenden Tankstellen befüllen zu können. Da beide Firmen, Opel und Daimler, mit uneingeschränkter Verve an das Gute des Systems glauben, fahren auch entsprechend zahlreiche Fahrzeuge im Dauerversuch in der ganzen Welt herum. Das erfreuliche Ergebnis bisher: Die Brennstoffzelle und ihre periphere Technik haben sich (zumindest bei Opel und Daimler) als sicher, robust und alltagstauglich erwiesen. Nun gilt es, die positiven Errungenschaften langzeittauglich zu machen. Soll heißen: größere Reichweiten (500-800 Kilometer), stufenweise längere Lebensdauer auf 100.000, 150.000 und gar 200.000 Kilometer Laufzeit auszubauen, das Tankstellennetz auf zunächst 200, dann schließlich flächendeckend zu erweitern. Und natürlich: die Herstellungskosten zu minimieren, so dass einer größeren Verbreitung der Brennstoffzellen-Autos nichts mehr im Wege steht. Davon aber sind sich beide Referenten im Klaren, sind wir noch etliche Jährchen entfernt, auch wenn wir etwa ab 2016 die ersten Fahrzeuge mit der neuen Technologie als Serienprodukte auf den Markt bringen. Auch das Gewicht der Druckwassertanks, die überwiegend im sogenannten Unterflur-Modus, verbaut werden, muss noch reduziert werden. Was nicht ganz einfach ist, müssen sie doch einem dauerhaften Systemdruck von 700 bar standhalten. Der Prüfdruck liegt bei etwa 1.600 bar, um im Notfall (oder Unfall) volle Sicherheit zu garantieren. Stahl für den Tank fällt wegen seines hohen spezifischen Gewichts aus, dafür ist ein Kohlefaserverbundstoff zuständig, dessen Wandungsstärke bei nur noch etwa 30 Millimetern liegt. Dennoch: Über zwei Tonnen Gewicht bringen die derzeitigen Versuchsträger (Mercedes B-Klasse und ein US-Chevrolet namens Equinox) allemal auf die Waage, was, auch nach Meinung beider Entwickler, noch beträchtlich zuviel ist. Bei ersten Probefahrten überraschten beide Versuchsträger durch spürbar vehementen Vortrieb, besser als bei Benzinern, hohen Bedienkomfort und absolute Geräuscharmut. Die aber kann zur Beeinträchtigung in der akustischen Wahrnehmung bei Radfahrern und Fußgängern führen und somit zu Kollisionsunfällen. Auf Nachfragen antworteten beide Forscher, dass auch daran bereits gearbeitet werde, notfalls mit virtuell erzeugten Fahrgeräuschen, die vernehmbar, aber nicht als störend empfunden würden.Natürlich hat sich inzwischen eine regelrechte internationale Forschungsgemeinschaft zum Themenpunkt Brennstoffzelle gebildet, andere Firmen sind mit von der Partie. Aber: einige, vor allem aus deutschen Landen, haben ihre Projekte auch schon reduziert, arbeiten an anderen alternativen Konzepten. In einigen Jahren werden wir sehen, wer die Nase vorne hat. Auch beim Verbrennungsmotor lag die Dauer für Überzeugungsarbeit vor 125 Jahren in einem jahrzehntelangem Zeitfenster …

Text und Fotos: Frank Nüssel/CineMot

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