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Mit der weltweit einzigartigen Klasse der „Kei Jidosha“ (übersetzt: leichtes Automobil) kämpfen japanische Politiker und Verkehrsplaner seit 55 Jahren gegen die Parkplatznot in Nippons Megametropolen. Maximal 3,40 Meter Länge bei 1,48 Meter Breite und 660 ccm Hubraum lauten heute die Eckwerte für die Schuhkartonklasse, die in dieser Spezifikation nicht einmal der Smart Fortwo erfüllt. Wichtigstes Privileg der japanischen Zwerge: In vielen japanischen Gemeinden entfällt die Nachweispflicht eines teuren Parkplatzes.

König der Kei-Cars ist seit 1981 der Suzuki Alto, allein ihm gelang mit größerem Motor von Beginn an eine weltweite Karriere. Weitere Zwerge, die sich meist mit mehr Hubraum nach Deutschland wagten, waren die Honda-Typen N 360/600 (ab 1967) und S 800 Roadster (ab 1967), die Daihatsu-Modelle Cuore (ab 1981) und Copen (ab 2002), Suzuki Wagon R+ (ab 2000) und der Vorbote der neuen Elektrifizierung, der Mitsubishi i-MiEV (ab 2010). Meist jedoch verhindern Mini-Format, schrill-bunte Lackierungen, fremdartige Türkonzepte, winzige Turbomotoren oder die in japanischen Interieurs so beliebten kuscheligen weichen Velourssitze kombiniert mit Häkeldeckchen und anderen kitschigen Accessoires eine globale Erfolgsgeschichte.

Dafür prägen Kei-Cars seit Beginn der Massenmotorisierung das Bild japanischer Großstädte. Während im Nachkriegs-Deutschland die Zeit der Kleinstwagen, Kabinenrollern und sogenannten Knutschkugeln mit zunehmenden Wohlstand um 1960 zu Ende ging, zählen die Kei-Jidosha-Leichtautos in Japan bis heute zu den meistverkauften Modellen. Politik, Gesellschaft und Automobilindustrie machten aus den Nippon-Mobilen früher Minimalmotorisierung begehrenswerte Microflitzer, die mit kräftigen Antrieben und guter Ausstattung sogar überlandtauglich sind.

„Unterschätzt die Japan-Zwerge nicht“, schrieb ein deutsches Fachblatt vor über 20 Jahren über Daihatsu Cuore, Suzuki Alto und Subaru Justy, die trotz Fliegengewichts von teils nur 500 Kilogramm und unter 3,20 Meter Länge auf Kurzstrecken sogar vier 1,90-Meter-Menschen unterbringen konnten. Eigenschaften, die bereits die Urväter aller modernen Kei-Cars, den Suzulight von Suzuki und den Subaru R 360, auszeichneten. 1956 und 1958 feierten diese Kleinstwagen-Vorreiter ihre Markteinführung. Dies allerdings erst nachdem die japanische Regierung die Förderung familientauglicher Pkw mit minimalem Hubraum beschlossen hatte. Seit 1955 gewährte sie Steuervorteile für Zwei- und Viertakt-Modelle mit bis zu 360 ccm Hubraum und maximal drei Meter Länge sowie 1,30 Meter Breite.

Der Kei-Car-Markt wuchs nun immer schneller bis 1970 der vorläufige Bestwert von 750.000 Zulassungen erzielt wurde. Technische Neuerungen wie die optionale Getriebeautomatik im ersten Weltautowinzling Honda N360 (1968), vordere Scheibenbremsen im Honda Z Coupé (1970) trugen dazu ebenso bei wie eine immer höhere Leistungsausbeute bei den 360-ccm-Triebwerken. 1970 erzielte der Daihatsu Fellow Max SS als erster Mini 29 kW/40 PS – der Gipfel bei den bis dahin vorherrschenden Zweizylinder-Zweitakt-Triebwerken war erreicht. Auch Toyota engagierte sich nun im Kei-Car-Markt – über eine Mehrheitsbeteiligung an Daihatsu.

Eine wirtschaftliche Talfahrt erlebten die kleinen Autos ausgerechnet in der Zeit nach der ersten Ölkrise. Der Kei-Car-Markt brach ein auf 150.000 Zulassungen. Ursache waren strengere Emissionsvorschriften, die von den vorherrschenden Zweitaktern nicht mehr erfüllt wurden. 1976 wurden die Regeln für Kei-Cars daher neu formuliert. Von nun an galt eine Hubraumobergrenze von 550 ccm und auch die äußeren Abmessungen durften zulegen auf 3,20 Meter Länge und 1,40 Meter Breite. Die heute gültigen, großzügigeren Bestimmungen wurden 1998 eingeführt. Neu ist allerdings eine seither geltende Leistungsbeschränkung auf 47 kW/64 PS.

Immerhin sind die kleinen Kei-Cars seit jeher automobiler Inbegriff der japanischen Tradition und Bescheidenheit, kombiniert allerdings mit dem Glauben an technologische Überlegenheit.

Text: Spot Press Services/Wolfram Nickel
Fotos: Autodrom Archiv/SPS

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