Liebe Leserinnen!

Liebe Leser!

Die beiden vergangenen Wochen haben meiner Meinung nach mal wieder ein klassisches Beispiel dafür geliefert, welchen Wert taufrische Nachrichten auf den ersten Blick haben können, wie sie plötzlich den berühmten Sturm im Wasserglas entfachen und dann innerhalb kürzester Frist von den nächsten (Schreckens)meldungen wieder in den medialen Papierkorb abgelegt werden. Frei nach dem Motto: So schlimm kann es ja eigentlich nicht gewesen sein.

Erinnern Sie sich noch an die Gerüchte über den möglichen Verkauf der GM-Tochter Opel, die gerade mal etwas mehr als zwei Wochen alt sind? Ein Aufschrei der Entrüstung ging durch die Presselandschaft. Da wurde wieder mit gelitten und mit gefiebert mit der Belegschaft, nachdem Opel nun doch offenbar nach den Schreckensmeldungen über den maroden Mutterkonzern General Motors und dem drohenden Aus in der Krise wieder etwas Ruhe zu haben schien. Und nun so etwas: Plötzlich stand wieder ein Verkauf der europäischen Tochter zur Debatte. Chinesen, sogar Volkswagen, wurden als potenzielle Kaufinteressenten ins Gespräch gebracht. Die Politik ging medienwirksam auf die Barrikaden. Höchste Berliner Regierungsstellen forderten eine Erklärung aus Detroit, dem Firmensitz von General Motors.

Dieses ganze Szenario, das höchste Dringlichkeit und schnellstmögliche Aufklärung signalisieren sollte, ist nicht einmal einen Monat alt und doch schon aus den Nachrichtensendungen verschwunden. Im Wirtschaftsteil der großen Tageszeitungen ist es nicht einmal mehr eine kurze Meldung wert. Längst haben Griechenland, die Frauenfußball-WM und „Stuttgart 21“ wieder den Platz an der Sonne im medialen Alltag eingenommen.

Wen das Thema aber nach wie vor genau so betrifft, genau die gleichen Existenzängste schürt wie vor ein paar Tagen, das sind die Arbeiterinnen und Arbeiter bei Opel. Die Händler, die vielleicht hohe Summen investiert haben und nun nicht wissen, was auf sie zukommt. Für sie hat sich nichts geändert, auch wenn die Öffentlichkeit nach einem kurzen Aufbrausen fast wieder von ihrem (drohenden) Schicksal ausgeschlossen wird.

In einer Meldung des Zentralverbands des Deutschen Kraftfahrzeuggewerbes (ZDK), der rund 40.000 Händler und Werkstätten vertritt, hieß es Mitte dieser Woche, das Schweigen der Amerikaner zu den Verkaufsgerüchten um die deutsche Tochter Opel „erschüttert zum einen das Vertrauen des Handels und der Mitarbeiter der Adam Opel AG in die Konzernmutter“. , Auch potenzielle Käufer drohten durch solche Gerüchte verunsichert zu werden. GM sollte so schnell wie möglich ein „öffentliches Bekenntnis zu Opel ablegen.

Dass sich die Vorstände in Detroit durch solche verbale Druckmittel auch nur im Geringsten beeindrucken lassen, ist ziemlich unwahrscheinlich. Tatsache ist jedoch, dass es mal wieder den viel zitierten „kleinen Mann“ trifft, der nicht weiß, was ihm die Zukunft denn nun bringen wird. Sofern er denn überhaupt noch eine hat. Aber bestimmt wird die Entscheidung über die Opel-Zukunft, egal wann sie denn nun fällt und wie sie kommuniziert werden wird, wieder einen kurzfristigen Aufstand in den diversen Nachrichtensendungen wert sein. Vielleicht reicht es ja auch noch zu einer prominent besetzten TV-Diskussionsrunde bei Illner, Maischberger oder Plasberg. Das war’s dann aber wohl wieder. Denn nichts ist so alt und so uninteressant wie die Nachricht von gestern.

In diesem (nachdenklichen) Sinne wünsche ich Ihnen dennoch ein schönes Wochenende.

Ihr Jürgen C. Braun

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