Eifel-Klassiker 24-Stunden-Rennen:Motorsport pur mit Gänsehaut-GarantieTrotz Formel 1, trotz DTM, trotz „Trucker“, trotz Oldtimer-Grand-Prix: für viele Motorsport-Puristen ist das 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring alljährlich das „Rennen des Jahres“. Ein Blick in den Zahlenspiegel verrät ein bisschen etwas von dem Mythos des Kerzen-und-Kolben-Festivals am kommenden Wochenende in der Eifel.
Die Renndauer: 24 Stunden. Die Streckenlänge: etwas mehr als 25 Kilometer: Gemeldete Autos in diesem Jahr: die zugelassene Höchstzahl 220. Die Anzahl der Fahrer/innen: etwa 800 aus 30 Nationen. Das sind mehr als 50 Fußballmannschaften mit Auswechselspielern. Die Anzahl der zu fahrenden Runden: Etwa 150 für die Topteams (wenn alles nach Plan läuft). Kurven pro Runde. Genau 88. Schaltvorgänge je nach Charakteristik des Autos: zwischen 10.000 und 12.000 in insgesamt 1440 Minuten.
Zahlen, die zum Gehirnjogging taugen, zum Kopf schütteln, zum Staunen. Ein Katalog permanenter Superlative, der aber dennoch kaum etwas über die Bedingungen für die Aktiven, über die Atmosphäre, über das Faszinosum 24-Stunden-Rennen aussagt. Über den Kampf des Fahrers gegen die bleierne Müdigkeit in den elend langen Nachtstunden. Über das ständige Flackern, Blinken und Blenden des bunten, röhrenden „Mückenschwarms“ von Fiesta bis Ferrari. Von Polo bis Porsche. „Eifelgeister“ wie Irrwische im Takt von Zehntel Sekunden, irgendwo zwischen 60 und 600 PS.
Zahlen, die nichts verdeutlichen von den nicht enden wollenden monotonen Runden im Morgengrauen. Von jeder bangen Minute, während derer sich undurchdringliche Nebelschwaden am bemoosten Gemäuer der Nürburg festkrallen und schwere Regentropfen wie Dampfhämmer unaufhörlich auf das Dach prasseln. Dazu das unheimliche, flackernde Spiel Hunderter von Lagerfeuer auf den Campingplätzen. Dort, wo die „Hardcore-Fans“ schon seit Tagen aushalten. In Wohnmobilen, unter Vordächern, in Zelten. Wo sie „ihr Rennen“ aufsaugen: Dieses unvergleichliche Gemisch aus benzingeschwängerter Eifeler Landluft und markanter Körper-Ausdünstung aus mehreren Tagen Nomadendasein. Dazu das Duft-Gebräu aus brutzelnden Steaks, angebrannter Bratwurst, und leicht schaler Bierfahne, die des Morgens von einem kräftigen Schuss Caro-Kaffee übertüncht wird. Das, und nur das, ist „Nordschleife pur.“
Der Schwede Mathias Ekström, Nordmann, Natur-Liebhaber und absoluter Rennprofi für Audi in der DTM, bringt seine Empfindungen auf den Punkt: „Diese Atmosphäre ist einzigartig auf der Welt. Das Miteinander dieser riesigen Anzahl von Fans, die herbe Landschaft, das unberechenbare Wetter, die nächtlichen Runden in dem unwirklichen Licht, das alles ist etwas ganz Besonderes. Man spürt förmlich wie die Leute mitfiebern. Da muss man ständig topfit und auf den Punkt konzentriert sein und kriegt dennoch eine Gänsehaut.“
Das 24-Stunden-Rennen wird aber von Mal zu Mal auch brisanter, vielfältiger durch zahlreiche Fahrzeuge mit alternativen Antriebs-Energien und nicht zuletzt gefährlicher durch die hohe Anzahl von professionellen Werkseinsätzen, werksunterstützten Privatteams und lupenreinen Amateuren. Die Leistungsunterschiede der 220 Fahrzeuge sind gravierend, etwa ein Drittel des Fahrerfeldes kämpft um Spitzenplatzierungen unter den Top ten. Vorjahressieger Uwe Alzen (BMW / Betzdorf) bringt es auf den Punkt: „Standfestigkeit des Autos ist natürlich gefragt. Aber bei diesem Tempo ist das mittlerweile ein 24-Stunden-Sprintrennen.“ Für Aktive und Auditorium gleichermaßen.
Text: Jürgen C. Braun
Fotos: Porsche, Pro Motion / Presse 24h-Rennen am Nürburgring