Schöne Cabriolets und Sportwagen gehören zu Italien wie Pasta und Pizza. Nicht selten waren die Sonnenanbeter allerdings kurzlebig wie bunte Schmetterlinge. Allein der klassische Alfa Spider scheint sich ewiger Jugend zu erfreuen und den Kampf gegen Rost und Abwrackprämien endgültig gewonnen zu haben. Vielleicht weil er ein ewiges Sinnbild für bella figura und dolce vita ist. Vor 45 Jahren war das noch ganz anders.
Damals zelebrierte der von Pininfarina mit rundlichen Linien gezeichnete offene Zweisitzer seinen ersten Auftritt auf dem Genfer Salon. Besonders das rundliche Heck brachte dem offenen Romeo rasch den Spottnamen „Osso di Sepia“, also Tintenfischschulp, ein. Auch ein von Alfa ausgerichteter Namenswettbewerb brachte keine entscheidende Besserung. Der so gefundene klangvolle Name „Duetto“ wurde vom Unternehmen nie offiziell am Fahrzeug verwendet. Zum „Schönsten unter der Sonne“ wie der Alfa Spider in Deutschland beworben wurde, entwickelte er sich nach Ansicht der meisten Liebhaber offener Zweisitzer erst drei Jahre später, als ein kantiges Fastback das Rundheck ersetzte. So vollkommen schien die Grundform nun, dass der Alfa Spider alle zeitgenössischen Wettbewerber überlebte und als scheinbar unsterblicher Adonis mit einer Gesamtproduktionszeit von 27 Jahren Anwärter auf einen Platz im Guinness Buch der Rekorde wurde.
Die Verkaufszahlen seiner härtesten Rivalen, des Fiat 124 Spider und des MGB, erreichte der Alfa mit über 124.000 Einheiten zwar nicht ganz, dafür machte er die Mailänder Marke durch eine der ersten erfolgreichen Produktplatzierungen der Filmgeschichte in den USA zu einem weltweiten Inbegriff schöner und schneller Sportwagen. Im offenen Duetto Spider suchte Dustin Hoffman unter der Sonne Kaliforniens nach der großen Liebe im kultig-kitschigen Kinostreifen „Die Reifeprüfung“. So wurde der Zweisitzer als „Graduate Spider“ ohne die sonst so markanten Plexiglasscheinwerferabdeckungen in Amerika berühmt und als vorläufig letzter Alfa auch erfolgreich.
Unter der in bester Sportwagentradition langen Motorhaube verbarg sich ein legendärer Leichtmetall-Vierzylinder mit zwei obenliegenden Nockenwellen und anfangs 80 kW/109 PS, die bereits genügten, um den leichten Sportler zum Sprintchampion aller erschwinglichen Spider beschleunigten. Später kamen weitere Leistungsstufen des drehfreudigen Triebwerks zum Einsatz, vom Einsteigermodell mit 1,3-Liter-Hubraum und 65 kW/89 PS bis zum 2,0-Liter-Aggregat mit 94 kW/128 PS, das die flache Flunder fast 200 km/h schnell machte. Allen Motoren gemeinsam war der markante, heißere Sound, der einst ein unverwechselbares Erkennungsmerkmal für alle Alfa Romeo war und den sich sogar die abgasentgifteten und schwächeren US-Versionen mit Benzineinspritzung bewahrten.
Nach dem allgemeinen Roadstersterben Ende der 1970er und Anfang der 1980er Jahre hielt schließlich allein der Alfa Spider die Fahne des erschwinglichen offenen Sportwagens hoch. Hatte sich der Alfa Spider in den 1980er Jahren mit Gummilippen und Spoilerwerk einen zeitgeistigen Tarnanzug verpassen lassen, der viele Alfisti aufschreien, fast alle Roadsterfans aber mangels Alternative weiterhin zugreifen ließ, führte der globale Spontanerfolg des Mazda MX5 1990 zu einer allerletzten Kosmetikkur für die hochbetagten Renner aus bella Italia. Zurück zu den Ursprüngen – lautete nun die Devise. Mit neuen, in Wagenfarbe lackierten Plastikteilen orientierte sich Alfa Romeo an der Formensprache des Fastback-Urmodells.
Text: Spot Press Services/Wolfram Nickel
Fotos: Autodrom Archiv, SPS