Test-Tour: BMW X1 x-drive 23d

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Das Männeken aus Holz und dünnen Stricken, das da ein bisschen kläglich an der Wand hängt und an dessen Beinen und Armen so x-beliebig herumgezogen und gezupft wird, ist bestens bekannt. Aus der Werbung nämlich. Dann nämlich, wenn der Autobauer BMW mal wieder (vornehmlich bei Wintersport-Übertragungen im Fernsehen) auf die Vorzüge seines variablen Allradantriebs aufmerksam machen will.

Wobei das Wort x-beliebig die Geschichte fast schon vorweg nimmt. X-drive nennt der Münchener Autobauer sein Konzept, das sich an die jeweiligen Straßen- und Witterungsverhältnisse anpasst. Vorwiegend in Fahrzeugen eingesetzt, die sich nicht immer auf asphaltiertem Untergrund bewegen, gilt x-drive als ausgeklügeltes elektronisches Heinzelmännchen mit besonderen Fähigkeiten, die Traktion dorthin zu schicken, wo sie gerade am notwendigsten ist. Wir fuhren den BMW X1, eine Mischung aus SUV und Kombi mit viel Lifestyle-Charakter, aber auch mit jeder Menge brauchbaren Nutzwerten für den automobilen Alltag.

Mit dem X3 – es ist schon einige Jahre her – war BMW ein Vorreiter bei Fahrzeugen dieser Gattung gewesen. Audi zog mit Q5 und Q7 nach, Mercedes sandte den GLK ins Rennen. Jetzt soll der X1 bei den SUV’s (Sport Utility Vehicles) mit Attributen punkten, die den „Dickschiffen“ dieses Segments mit exorbitant hohem Spritverbrauch und ebensolchen Schadstoff-Werten nicht gerade zu eigen sind. Aber: Nicht nur Mercedes ML und Audi Q7, auch der X5 oder der X6 aus eigenem Hause gehören in diese Kategorie. Wäre also die Frage erlaubt: Ist der kleine X1 (nicht nur, aber auch) ein hübscher und angemessener Quotenjäger fürs ökologische Gewissen der solventen Offroad-Fraktion?

Zunächst einmal: Der BMW X1 hat nicht diese wuchtige, überdimensionale Erscheinungsform seiner größeren Brüder. Man sieht ihm zwar an, dass das Fahrzeug nicht nur für den Einkauf in der Stadt konzipiert ist, aber er erschlägt den Betrachter auf den ersten Blick nicht mit hohen Gummi-Walzen, überdimensionalen Radhäusern, einer Dachreling wie einer Feuerwehrleiter und Einstiegsvarianten wie bei einem 40-Tonner-Lkw. Der X1 ist im besten Sinne ein „sozialisierter“ SUV. Einer, der nicht allzu sehr im Straßenverkehr auffällt, seine Fähigkeiten aber auch nicht schamvoll versteckt.

Letzteres bedeutet aber auch, dass der X1 durchaus Annehmlichkeiten aufweist, deretwegen ihn die Fahrer größerer Offroader schätzen würden. Da sind die höhere Sitzposition, der übersichtliche Rundumblick und viel variabler Platz im Innenraum. Denn der X1 steht nicht, wie der Name vielleicht irreführend vermuten ließe, auf der Plattform des 1er BMW, sondern auf der des 3er. Wer also Allradantrieb schätzen und lieben gelernt hat, ein übersichtliches Fahrzeug haben möchte, das keinen sozialen Neidfaktor in der Nachbarschaft kreiert, der dürfte sich hier durchaus wohl fühlen.

Wie so oft in dieser Fahrzeug-Gattung, räumen die Selbstzünder in der Gunst der Interessenten ziemlich ab. Auch unser X1 ist demzufolge mit einem Diesel-Triebwerk ausgestattet, wobei der 204 PS starke Motor, ein doppelt aufgeladener Zweiliter-Selbstzünder, nicht nur dank seines hohen Drehmomentes von 400 Nm die Spitze der Angebotspalette in der X1-Reihe bildet. Er gefällt durch ein breites Drehmomentband, auch in Verbindung mit der Sechsgang-Automatik, die sich wahlweise in einer zweiten Kulisse flugs in einen Handschalter verwandeln lässt. Auch mit den hinter dem Lenkradkranz angebrachten Schaltpaddeln lässt sich das Spiel mit dem Getriebe mühelos und mit Spaßfaktor zelebrieren.

223 km/h soll die Höchstgeschwindigkeit, nach der wir im Berichtszeitraum allerdings nicht gierten, betragen. Stattdessen genossen wir die fast perfekt zu nennende Abstimmung des Fahrwerkes, den Kompromiss zwischen sportlich straffer Federung und dem Komfort einer Reiselimousine. Da wankte und nickte nichts, wenn wir im unebenen Gelände oder im Hunsrück-Kurvengeschlängel unterwegs waren. Ebenso wenig meldeten sich malträtierte Bandscheiben oder vergleichbare Rücken-Malaisen nach ein paar Hundert Autobahn-Kilometern nachdrücklich zu Wort.

Wir lagen bei einem selbst ermittelten Verbrauchswert von 7,1 Liter Diesel-Kraftstoff auf 100 Kilometer, was als durchaus sparsam bezeichnet werden darf, obwohl die Werksangaben noch deutlich darunter liegen. Noch eine weitere Info zum Thema Sparen: Der X1 ist mit den spritsparenden „Efficient Dynamics“-Attributen wie Bremsenergie-Rückgewinnung oder elektromechanischer Servolenkung ausgestattet. Der Schadstoff-Ausstoß liegt bei 158 g/km.

Auch bei der Gestaltung des Innenraums macht sich die sprichwörtliche „Freude am Fahren“ bemerkbar. Wie im Hause BMW üblich, gehören die verwendeten Materialien in den Premium-Bereich. Auch an der Verarbeitung und der Ergonomie gibt es nichts zu mäkeln. Die führigen Sportsitze lassen sich optional sogar mit einer Lehnenbreitenverstellung ausrüsten. Der variable Kofferraum fasst zwischen 420 und 1.350 Liter Stauraum. Zwischen den Fondsitzen lassen sich Skier und andere längere Utensilien problemlos durchladen. Bein- und Kopffreiheit lassen vorn wie hinten nichts zu wünschen übrig.

BMW tritt in dieser Fahrzeuggattung nicht nur gegen die Premium-Konkurrenz aus Ingolstadt und Stuttgart, oder auch gegen Lexus oder Landrover an. Die Zielgruppe fasst auch Leute ins Auge, die mit einem VW Tiguan oder einem Ford Kuga liebäugeln. Allerdings liegt das Preisniveau beim BMW erheblich höher. Unser X1 x-drive 23d beginnt bei 37.650 Euro, lässt sich aber durch verschiedenste Zusatzfeatures rasch erweitern.

Text und Fotos: Jürgen C. Braun

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