Philipp Sington: Das Einstein-Mädchen. Deutscher Taschenbuch Verlag (dtv); 14,95 Euro.
Zwei Wochen nach dem Verschwinden ihres Verlobten machte sich Alma Siegel auf den Weg zum anderen Ende der wimmelnden Großstadt, in die östlichen Bezirke, um Fotografien namenloser Toter zu studieren. Die Bilder waren im Korridor des Polizeipräsidiums ausgestellt, aufgereiht in Glasvitrinen und mit Kärtchen versehen, auf denen Ort und Zeit des jeweiligen Fundes vermerkt waren: Brachland Danziger Straße, 24. Januar; Abort Anhalter Bahnhof, 7. Februar; Landwehrkanal Höhe Kottbusser Brücke, 15. April. Auf dem Korridor herrschte reger Betrieb. Leute kamen aus verschiedensten Gründen zum Polizeipräsidium:um beim Ausländeramt vorzusprechen, ein Visum zu beantragen, im Fundbüro nach verlorenen Gegenständen zu fragen oder einen Diebstahl zu melden. Sie rempelten Alma im Vorbeigehen an, hastig und zielgerichtet, ohne innezuhalten,um auch nur einen Blick auf die erstarrten Gesichter zu werfen, die aus den Vitrinen blickten.
Philipp Singtons Roman ist eine Zeitreise ins Berlin von 1932 – und damit in die Zeit kurz vor der NS-Machtergreifung. Eine junge Frau wird im Wald bei Caputh bewusstlos aufgefunden und in die Charité eingeliefert. Als sie aus dem Koma erwacht, kann sie sich an nichts erinnern, nicht einmal an ihren Namen. Bei ihr findet man nur einen Programmzettel von einem Vortrag Albert Einsteins. Der zuständige Psychiater, ist fasziniert von diesem ungewöhnlichen Fall – und von seiner Patientin. Wer ist diese Frau? Gibt es eine Verbindung zu Einstein? Ein begeisternder Roman – und eine Geschichtslektion, die man nur zu gerne annimmt.