Erste Erfahrungen: Audi A1

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Nach Oberklasse, Mittelklasse und Kompaktklasse, nach bildschönen PS-Krachern über S3, TT RS bis hin zum R8 und nach wuchtigen Vertretern der hauseigenen Offroader-Front hat Audi nun ein neues Betätigungsfeld entdeckt: Die Kompaktklasse unterhalb des eigenen Modells A3, die im Allgemeinen auch Golf-Klasse genannt wird. Fast 15 Jahre, nachdem der damals seiner Zeit um Längen voraus enteilte A2 ziemlich unsanft gegen die Verkaufswand gefahren wurde, treten die Ingolstädter jetzt mit dem A1 gegen Modelle wie VW Polo oder Opel Corsa an, um gleichzeitig jedoch den eigenen Anspruch nicht zu verhehlen. Denn eigentlich will man mit dem knapp vier Meter langen „richtigen Audi“ auf dem Markt gegen Modelle wie Branchenführer Mini oder auch den neuen Alfa Romeo MiTo punkten und sich an merkantilen Raubkäufen gütlich tun.

Um dabei möglichst schon beim Start die Nase vorn zu haben, hat Audi dem eigenen Benjamin etliche Ausstattungs-Komponenten aus höheren Segmenten mit auf den Weg gegeben. Dies gilt auch und vor allem für den Bereich des so genannten Infotainments, also der Welt der möglichst vielseitigen und lückenlosen Unterhaltung und der Beschäftigung mit den allseits bekannten medialen Vorzügen unserer digitalen Gegenwart. Das gesamte Infotainment-System nämlich lässt sich bei Bedarf – und dem entsprechenden Inhalt des Geldbeutels – problemlos auf das Konzertsaal-Niveau der Oberklassen-Limousine A8 anheben. Da will Zulieferer Bose (Sound-System) nicht hinten anstehen im Verbund mit dem rollenden Musikvergnügen: Etwa ein halbes Kilowatt an Musikleistung mit einer „Unzahl“ von Boxen rund um die Ohren im besten Klangformat kann für den A1 geordert werden.

Der A1 ist sicherlich mehr Audi als veredelter Polo mit Komponenten aus der Wolfsburger Konzernzentrale. Frei nach dem selbst gewählten Motto „Premium, da wo wir hin kommen“ hat Audi mit dem A1 neue Maßstäbe in der Kompaktwagenklasse gesetzt. Fast zehn Jahr sind es mittlerweile her, dass BMW mit dem Mini der ersten (neuen) Generation nicht nur ein neues Auto eingeführt, sondern auch einen Trend geschaffen hat. Den nämlich, dass man mit einem kleinen Auto nicht nur möglichst sparsam von Punkt A nach Punkt B fahren kann, sondern dass man mit Mini-Auto auch Maxi-Spaß haben kann und bei den Freunden der eigenen Clique mit seinem Auto richtig punkten kann.

Wenn man denn das nötige Kleingeld hat, um den eigenen Winzling zum ganz persönlichen rollenden Vorzeige-Objekt umzufunktionieren, nach dem sich andere mit neidvollem Augenaufschlag umblicken. Damit diesem Vorhaben vor allem bei der jüngeren und mittelalten Generation möglichst nichts im Wege steht, hat Audi dem A1 die wohl längste optionale Ausstattungsliste (und die umfangreichste Aufpreisliste) der eigenen Geschichte mit auf den Weg gegeben. So können A1-Interessenten alleine durch die verschiedenen Farben des Dachbogens, der großen Auswahl an verschiedenen Lackierungen, durch jede Menge unterschiedlicher Räder und eine umfangreiche Liste von Anbauteilen und Zierfolien alleine schon beim optischen Gepränge der Außenansicht unter fast 800 Kombinationen wählen. Und dabei vielleicht vor lauter Grübeln über die richtige Wahl auch Kopfschmerzen bekommen.

Dennoch taugt zumindest der Größenvergleich zum „armen Bruder“ aus Wolfsburg, um den Kleinwagen-Audi etwas einordnen zu können: Der A1 misst 3,95 Meter, der Polo 3,97 Meter. Doch hat Audi, um die markentypische Agilität auch optisch zu demonstrieren, die Karosse im Prinzip um sechs Zentimeter flacher (1,42 statt 1,49 Meter) und dafür etwas mehr in die Breite (1,74 statt 1,68 Meter) gezogen. Auf diese Weise ist mehr Audi und weniger Polo, also ein Schuss mehr Dynamik und Lifestyle-Anspruch hinzugekommen.

Der britisch-bayerische New Mini ist dagegen noch mal 25 Zentimeter kürzer, verfügt jedoch über den gleichen Radstand von 2,47 Meter. Während der Mini als Asphalträuber dadurch mit seiner sprichwörtlichen Gokart-Mentalität punktet, verbucht der A1 mit einem 267 Liter großen Kofferraum über ein beträchtliches Plus. Die Konkurrenz aus dem Hause BMW bringt es da nämlich, auch wegen der Platz-intensiven Mehrlenker-Hinterachse, auf gut 100 Liter weniger. Für den Audi im Sinne größtmöglicher Wendigkeit und Agilität spricht auch das niedrigere Gewicht von 1.045 Kilogramm gegenüber dem Mini (1.060 kg), sowie eine elektronische Quersperre für die angetriebene Vorderachse.

Im Interieur hat Audi sich bemüht, den Spagat zwischen farblich aufgeplustertem Yuppie-Auto und dem Ableger einer seriösen Geschäfts-Limousine irgendwie erfolgreich nachzuvollziehen. Die Applikationen im Innenraum sind daher in jeglicher Form eher dezent als grell. Offensichtlich auch im Bemühen, zu vermeiden, dass dabei eine eher mäßig gelungene Mini-Kopie herauskommt. Auch unter diesen Gesichtspunkten ist der jüngste Sprössling aus Ingolstadt auch ein richtiger Audi mit allen Wohlfühlkomponenten zwischen Dach und Boden auf allen Sitzen. Auch im A1 herrscht ausreichend komfortables Raumgefühl für Kopf, Beine und Ellbogen. Zur Not geht es hinten auch zu dritt mal über einen längeren Zeitraum, ohne dass man nachher zum Chiropraktiker muss.

Dem quer durch die Industrie favorisierten Drang zum zusätzlichen Beatmen hubraumkleiner Motoren, besser als „Downsizing“ bekannt, folgt auch Audi im neuen A1. Die beiden aufgeladenen und direkt einspritzenden TFSI-Benziner haben gerade mal 1,2 und 1,4 Liter Hubraum, leisten aber 122 PS und offerieren Drehmomentwerte wie sie einem Aggregat mit 1,6 oder 2,0 Liter gut zu Gesicht stünden. (160 Newtonmeter bei 1.500 bis 3.500 U/min bzw. 200 Nm bei 1.500 bis 4.000 U/min). Das sorgt beim 1,4er für eine Spitzengeschwindigkeit von 202 km/h und eine Beschleunigungszeit von 0 auf 100 von 9,1 Sekunden. Dies jedoch nur, wenn optional die Audi-spezifische S-Tronic mit sieben Gängen und zwei Kupplungen die Arbeit zur Kraftübertragung übernimmt. Bei beiden Varianten ist eine abschaltbare Start-Stopp-Automatik serienmäßig mit an Bord. Die Verbrauchswerte sollen, so das Haus, zwischen 5,1 und 5,4 Litern auf 100 Kilometer liegen. Als richtiger Sparmeister erweist sich jedoch der aus dem Golf bekannte 1,6 Liter TDI in den beiden Leistungsstufen mit 90 und 105 PS. Seinen Durst beziffert Audi auf 3,8 Liter Dieseltreibstoff für 100 Kilometer.

Das Kleinauto mit der geballten Ladung von Luxus-Accessoires wird im September auf dem Markt eingeführt werden. Der Einstiegspreis von 15.800 Euro soll dafür sorgen, dass auch eine neue Kunden-Klientel an die Produkte des Hauses gebunden wird, die sich im Laufe ihres Autofahrer-Lebens auch einmal andere Produkte aus dem Hause Audi als nur einen A1 leisten will und wird.

Text und Fotos: Jürgen C. Braun

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