José Maria Ininguez ist einiges gewohnt. Doch so einen Auftrieb hat der Hotdog-Verkäufer selbst hier am Times Square schon lange nicht mehr gesehen. Denn auch wenn der vielleicht berühmteste Platz der Welt den Amerikanern als Bühne für allerlei Konzerte, Kundgebungen und Partys dient, läuft hier gerade eine Show der Sonderklasse: VW präsentiert den neuen Jetta, und New York hält zumindest für ein paar Minuten den Atem an, wenn US-Chef Stefan Jacoby vom „Beginn einer neuen Ära“ spricht und Amerikas angesagtester Popstar Katy Perry im hautengen Latex-Kleidchen um, auf und über der Limousine tanzt, dass die ohnehin schon heiße Luft beinahe zu kochen beginnt. Nicht umsonst hat ein Team von 20 Mann drei Monate lang das Event geplant und dafür sicher mehrere Millionen Dollar investiert.
Das Geld scheint gut angelegt. Denn während der Jetta bei uns fünf Generationen lang nicht aus der Nische herausgekommen ist und immer als Spießerauto gegolten hat, ist er in Amerika ein absoluter Bestseller: Jeder zweite verkaufte VW ist dort ein Jetta, und selbst zum Ende der aktuellen Generation lagen die Zulassungszahlen noch immer über 100.000 Einheiten. Während Hotdog-Verkäufer Ininguez noch nie etwas von Golf oder Polo gehört hat, ist ihm der Jetta natürlich ein Begriff. Und auf das neue Auto freut er sich schon: „Der sieht ja viel besser aus als früher“, sagt der Mexikaner und schielt auf die riesigen Leinwände, die heute alle nur ein Motiv zeigen – das neue Markengesicht von Volkswagen.
Derweil zieht Designchef Klaus Bischoff das Tuch von der neuen Limousine und zeigt ein Auto aus einem Guss, das sich auch die Europäer mit Wohlwollen anschauen können: Die Zeit des Rucksack-Golfs, so seine Botschaft, ist endgültig vorbei. Es gibt keine gemeinsamen Blechteile mehr, sondern neue Proportionen, eine schmucke Silhouette, eine klare Linienführung und einen sauberen Strich, der aus manchen Perspektiven an den Passat CC und aus anderen an den Audi A4 erinnert.
Doch VW will nicht nur mit feinen Formen punkten. Die Niedersachsen versprechen den Kunden in den USA zum Verkaufsbeginn im September auch deutlich mehr Platz auf allen Sitzen: Weil der Radstand um sieben und die Länge insgesamt sogar um neun Zentimeter gewachsen ist, geht es vorn großzügiger zu als im Golf und hinten so bequem wie im Passat. Und auch der Kofferraum ist der größte der Klasse.
Unter der Haube des 4,64 Meter langen Stufenhecks startet VW in Amerika mit drei Motoren vom 85 kW/115 PS starken Zweiliter bis zum TDI mit 103 kW/140 PS. Im neuen Jahr folgt als Sportmodell ein 147 kW/200 PS starker TSI, und im Kampf gegen Prius & Co gibt es den Jetta jenseits des Atlantiks ab 2012 auch als Hybrid.
Bei uns sieht die Sache allerdings ein wenig anders aus. Wenn im Januar die ersten Autos aus dem Werk in Mexiko in Bremerhaven anlanden, dann fahren sie mit kleineren Motoren vom Schiff. So bekommt das Basismodell einen 1,2-Liter-Benziner mit 77 kW/105 PS und verbraucht in der Sparversion mit Start-Stopp-Automatik und Bremsenergie-Rückgewinnung nur 5,3 Liter. Noch sparsamer ist allerdings der kleine Diesel, der als Bluemotion-Variante mit 4,1 Litern zur saubersten Limousine jenseits von 4,60 Metern avanciert.
Die Preise in Europa, so munkelt man am Rande der Premiere in New York, werden wohl bei rund 20.000 Euro beginnen. Hotdog-Verkäufer Ininguez kann darüber nur lachen: Wenn er den neuen Jetta kaufen will, ist er schon mit 15.995 Dollar oder umgerechnet nur rund 13.000 Euro dabei. „Mehr Auto für weniger Geld“, sagt er anerkennend mit Blick auf die frühere Preisliste und erkennt damit auf Anhieb die dritte Botschaft von US-Chef Jacoby: Der Jetta ist nicht nur bigger und better geworden, er ist auch deutlich billiger als früher.
Das muss er auch, wenn Jacoby seine ehrgeizigen Ziele erreichen und den US-Absatz der Niedersachsen bis 2018 auf über 800.000 Einheiten verdreifachen will. Denn so erfolgreich der Jetta auch bislang in den USA gewesen sein mag, sind 100.000 Autos im Jahr dann viel zu wenig.
Text: Spot Press Services/bb
Fotos: VW