Elektroautos: Sie kommen. Aber später.

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Seit dem Ölpreisschock des vergangenen Jahres und der damit einhergehenden Diskussion über alternative Antriebe ist das Thema Elektroauto allgegenwärtig. Selbst bei den Präsentationen nobler Luxusautos oder potenter Sportwagen schwillt im Hintergrund die Option der Elektrifizierung mit. So hat jüngst Mercedes zur Einführung des neuen Sportwagen SLS eine Elektroversion angekündigt. Das Thema zieht und fast hat es den Anschein, als würde nach der IAA, aber doch spätestens in ein zwei Jahren ein großes Angebot an Elektroautos auf die Kunden zurollen. Klar ist, dem Strom gehört auch für die individuelle Mobilität zumindest ein Teil der Zukunft. Klar ist aber auch: so schnell wie vielerorts gedacht geht es nicht.

Der erwähnte Sportwagen hätte, wie es ein Kollege schön formulierte, bei voller Batterieladung gerade einmal das Energieäquivalent von fünf Litern Benzin an Bord. Damit kommen Autos, die richtig schnell sein sollen, nicht all zu weit. Selbst Sparwunder wie ein Toyota Prius oder ein Polo Bluemotion schaffen mit fünf Litern nicht wesentlich mehr als 100 Kilometer im Alltag. Das würde zwar für die meisten Pendler im Schnitt reichen, aber im individuellen Einzelfall will man sein Gefährt ja nicht immer bis auf den letzten möglichen Meter trocken fahren.

Nun muss es ja kein elektrischer Supersportler sein. Für die meisten Menschen ist ein Auto wie die elektrische Mercedes B-Klasse oder ein E-Smart viel realistischer. Auch hier liegen allerdings bislang die Reichweiten der Forschungsautos nicht wesentlich über 100 Kilometern und es wird auch in Zukunft schwierig, sie bedeutend zu erhöhen. Bei etwa dem Doppelten sehen die Entwickler von Volkswagen, Mercedes oder Toyota die Grenze des Möglichen beim reinen E-Antrieb erreicht.

Spätestens wenn die Fahrt weiter gehen soll, muss ein sogenannter Range-Extender, also ein Reichweitenverlängerer mit an Bord sein. Dabei handelt es sich um einen Motor, der entweder Strom zum Antrieb erzeugt, oder selbst das Fahrzeug antreibt. Dieser Motor könnte auch eine Brennstoffzelle sein. Ein typisches Beispiel ist der Opel Ampera, der 2010 auf den Markt kommen könnte. Hier treibt ein kleiner Verbrennungsmotor einen Generator zur Stromerzeugung an, der wiederum eine Batterie lädt und den E-Motor zur Fortbewegung mit Energie versorgt.

Die Grenzen der elektrischen Reichweite hängen von der Beschaffenheit der Batterien ab. Lithium-Ionen-Batterien, wie wir sie seit Jahren aus Mobiltelefonen kennen, werden im Auto gerade erprobt. Die Mercedes S-Klasse mit dem Mildhybridantrieb S 400 Hybrid gilt als erstes Serienauto der Welt mit einer solchen Batterie. Sie ist allerdings so klein geraten, dass man auf eine elektrische Fahroption gleich ganz verzichtet hat. Anders beim Toyota Plug-in-Hybrid. Auf Basis des Prius betreiben die Japaner derzeit eine kleine Testflotte von Hybridmodellen mit Lithium-Ionen-Batterie, die man an der Steckdose (plug-in) aufladen kann. Anders als im normalen Hybridsystem ist hier die Batterie darauf ausgelegt, extern zusätzlich geladen zu werden. Mit dieser Technik ist es möglich, im Stadtverkehr etwa 20 Kilometer weit elektrisch und damit emissionsfrei zu fahren. Bei Bedarf springt der Verbrennungsmotor an, treibt ebenfalls die Antriebsräder an und lädt zudem die Batterie soweit auf wie nötig. Damit schafft es Toyota bislang, den Verbrauch des Prius nochmals deutlich auf Werte mit einer zwei vor dem Komma zu verringern. Mit der Art seiner Vollhybridtechnik hat das Unternehmen einen Entwicklungsvorsprung. Würde man im normalen Hybrid den Verbrennungsmotor ausbauen, bliebe ohne weitere Änderungen schon ein Elektroauto übrig, das wegen der Batteriekapazität aber nicht weit fahren könnte. Alle Formen von milden Hybriden, wie sie Mercedes oder Honda derzeit und Porsche und BMW demnächst anbieten, haben diese Option nicht.

Doch zurück zum reinen E-Auto. Im Versuch läuft seit über einem Jahr eine Flotte von Smarts in London. Kaufen kann man die Modelle nicht. Es geht noch darum herauszufinden, was die Kunden benötigen, wie Ladestationen beschaffen sein müssen und schlicht, wie sie abzurechnen sind. Schließlich will auch die Energie eines Elektroautos bezahlt sein. Immerhin haben sich Autoindustrie und Stromanbieter inzwischen auf einen einheitlichen Stecker zur Stromversorgung geeinigt. Diese Ziele erforscht auch Toyota mit der erwähnten Plug-in-Flotte. Auch diese Autos kann man nur leasen, und das auch nur, wenn man Forschungspartner ist. Mit der Realität eines Elektroautoalltags wie man es sich vorstellt, hat das noch wenig zu tun.

Auch die Preise, die heute für solche Autos aufgerufen werden müssten, sind für die meisten Kunden illusorisch. Vereinzelt findet der E-Sportwagen Tesla Käufer, die 120.000 Euro für das gute Gewissen, für wenige Kilometer abgasfrei Spaß zu haben, anlegen können. Der Opel Ampera müsste wohl etwa 40.000 Euro kosten, was für ein Fahrzeug der Mittelklasse recht happig ist. Kaufen kann man in Japan bereits den Mitsubishi i-miev, einen Elektrokleinwagen mit 130 km/h Spitze und 140 Kilometern theoretischer Reichweite, die im Autoalltag allerdings kaum erreicht werden. Gegenüber dem gleichen Modell mit herkömmlichen Antrieb kostet der Stromer aber das Dreifache. Nach Deutschland kommt er vielleicht im nächsten Jahr und wenn, dann in homöopathischen Stückzahlen. Wenn die Batterie leer ist, muss der Kleine rund sieben Stunden zum Aufladen ans Netz. Die Zukunft der elektrischen Mobilität braucht eben in jeder Hinsicht noch etwas Zeit.

Text: Günter Weigel

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