Erste Erfahrungen: Mercedes E 63 AMG

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Die E-Klasse ist für die meisten Kunden der wahre Mercedes. In ihr finden sich die Kernwerte der Marke wie Solidität, Komfort und Sicherheit wieder: Dafür werden die durchaus vorhandenen sportiven Talente der Limousine eher zurückgehalten. Auch bei der Mercedes-Tochter AMG ist die E-Klasse das zentrale Modell, schließlich gründet sich auf den in Affalterbach potent gemachten Viertürern der Ruf des Hauses und die ein oder andere E-Klasse mit AMG-Logo errang sogar Kultstatus. The Hammer hieß beispielsweise 1984 die AMG-Version der Baureihe W 124, die es auf über 300 km/h Spitze brachte und schon damit ihre Fans, vornehmlich in den USA, verzückte. Natürlich entstand in der württembergischen Motorenmanufaktur auch ein Ableger der aktuellen E-Klasse: der E 63 AMG.

Die Namensgebung verdankt der E 63 seinem 6.3-Liter-Achtyzlinder. Der gesamte Antriebsstrang ist im Prinzip vom SL bekannt, wurde aber für die Verwendung in der Limousine angepasst. Statt wie früher mittels eines Kompressors Luft in den Brennraum und Leistung wieder heraus zu bekommen, setzten die Techniker heute auf Hubraum in Verbindung mit Hochdrehzahl. So entstehen 378 kW oder 514 PS, was aus einer guten und gewiss nicht langsamen Limousine einen Supersportwagen macht. Nur 4,5 Sekunden vergehen bis 100 km/h aus dem Stand erreicht sind und die Höchstgeschwindigkeit ist, so man ein extra Fahrtraining absolviert, erst bei 300 km/h abgeriegelt. Ohne Training stoppt die weitere Beschleunigung schon ab 250 km/h.

Tatsächlich vergehen vor dem ersten Losfahren viele Sekunden, weil man bei geöffnetem Fenster einfach den Motor mehrmals Starten muss. Der Sound des Ansaugens, Verdichten und Verbrennens ist zu betörend, um ihn schnöde passieren zu lassen. So etwas muss der Mensch mit einem Tropfen Benzin im Blut einfach mehrmals genießen.

Das Fahren selbst gestaltet sich, wie man es von Mercedes nicht anders kennt, einfach, weil die Bedienung vertraut und die Ergonomie perfekt ist. Weniger vertraut ist das Gefühl, wie die 1,8-Tonnen-Fuhre Kurven aufschnupft und auch enge Kehren einfach wegwischt, als hätten sie nicht stattgefunden. Der Wagen liegt sehr neutral und drängt bei beherztem Gastritt nur zart mit dem Heck nach außen. Dass man das Fahrwerk und das Ansprechverhalten von Motor und Lenkung mit der AMG-Taste auf der Mittelkonsole schärfer stellen und auch sonst allerlei elektronische Helfer nutzen kann: geschenkt. Es ist nett zu wissen, dass man könnte, aber man muss es nicht einsetzen. Das gilt im Autoalltag natürlich auch für die Leistung des V8. Die kann man gar nicht so richtig nutzen, weil sonst der Führerschein relativ schnell in die Reinigung nach Flensburg muss. Also, Gasfuß zügeln und die Gelassenheit von 630 Newtonmetern Drehmoment genießen, die der E 63 nebenbei auch bietet.

Die Siebengangschaltung agiert im Gleitmodus genauso souverän wie bei der hektischen Kurvenjagd und der Verbrauch nähert sich dezent dem Normwert von 12,6 Litern (295 g/CO2), was für die gebotene Leistung allemal in Ordnung ist und Welten unter den bis dato von AMG gekannten Normwerten liegt. Das Auto wird seine Fans begeistern, weil die Grundidee der E-Klasse als Businesslimousine aufs schönste mit dem Antrieb eines Supersportlers gekreuzt wurde, ohne eines davon ernsthaft zu verfälschen. Da sind auch 105.791 Euro Basispreis gut angelegtes Geld, wenngleich der Restwert wie bei allen Potenzlimousinen nach drei Jahren stark gefallen sein dürfte. Aber man muss sie dann ja nicht verkaufen.

Text: Günter Weigel

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