Fünf deutsche Piloten gehören – wie im vergangenen Jahr – in der Formel-1-Saison 2009 zum erlauchten Kreis der 20 auserwählten PS-Bändiger. Für die ganz dicken Schlagzeilen wird in einem Jahr einschneidender Regeländerungen wohl kaum einer sorgen. Das Gute an dieser Prognose: Kein Mensch, weiß ob sie zutrifft. Nicht einmal die Herren Heidfeld, Rosberg, Vettel, Glock und Sutil selbst. Und die müssten es eigentlich wissen. Und so geht das fünfblättrige deutsche Kleeblatt zwar mit vielen guten Vorsätzen, aber auch mit mindestens genau so vielen Unabwägbarkeiten in die neue Saison.
Mein großes Ziel ist, die Weltmeisterschaft zu gewinnen. Nick Heidfeld spricht diesen Satz sehr leise aus. Als sei er etwas besorgt darüber, ob einer der Anwesenden ihn weiter geben könnte. So wie er da sitzt in der Firmenzentrale von Sauber im schweizerischen Hinwil, in Strickjacke, ausgewaschenen Jeans und Wollmütze verbreitet er nichts vom glamourösen Jet-Set-Gehabe des elitären Zirkels, den er – wieder einmal – zu dominieren gedenkt.
Ich will einmal Weltmeister werden. Dieser Vorsatz kam dem stillen Rheinländer schon vor neun Jahren über die Lippen, als er im Prost vor seiner ersten Formel 1 Saison stand. Bis heuer folgten 150 Rennen in Autos, die selten zu den aussichtsreichsten an der Startlinie gehörten. Gewonnen hat der 31-Jährige bisher noch kein einziges Rennen und doch scheint es, als sei er in diesem Jahr der deutsche Fahrer mit den besten Perspektiven. Weil ich immer an meine Chance geglaubt habe, bekräftigt der mitunter fast schüchtern-brav wirkende Quick Nick noch einmal.
Seit dem Debüt 2000 war er noch nie so nahe dran, diesem Ziel etwas von seiner unverschuldeten Realitäts-Fremdheit nehmen zu können. Im vierten Jahr fährt Heidfeld 2009 für BMW-Sauber. Nachdem sich das Team an die Marktführer McLaren/Mercedes und Ferrari heran gerobbt hat, sind dessen Ziele und die seines Piloten zum ersten Mal deckungsgleich. BMW Sauber will um den Titel mitfahren. Das Dumme ist nur: Der Pole Robert Kubica will das auch. Und der ist nicht nur Teammitglied, sondern auch Konkurrent von Heidfeld.
Das, was Heidfeld bisher versagt blieb, gelang dem jungen Sebastian Vettel vor Jahresfrist. Ausgerechnet in Monza, ein Name der an Strahlkraft Idiomen wie Wembley oder Wimbledon in nichts nachsteht, wurde er mit 21 Jahren jüngster Formel-1-Sieger aller Zeiten. In einem Toro Rosso, dessen Chancen trotz Pole Position zu Rennbeginn nicht höher eingeschätzt wurden als die eines Fiat 500. Vettel, apostrophiert als der junge Schumacher, sitzt in diesem Jahr im Red Bull. Der Triumph von Monza kann Stolz und Stigma gleichermaßen sein. Der Wundeknabe (Kronenzeitung) oder Das goldene Baby von Monza (Tuttosport) wird um Bestätigung des Ausnahmetalentes bemüht sein. Was sich nicht unbedingt in weiteren Triumphmärschen niederschlagen muss.
Gesegnet mit den Genen von Papa Keke, Weltmeister 1982, galt auch Nico Rosberg bei seinem Debüt 2006 als kommender Champion. Im ersten Rennen hinterließ er in Bahrain mit Rang sieben und der schnellsten Rennrunde mächtigen Eindruck. Der Arbeitsnachweis des hoch talentierten Kosmopoliten (Vater Finne, Mutter Deutsche, wohnhaft in Monaco, im Dienste eines britischen Rennstalls) steht nach drei Jahren jedoch im Gegensatz zu den damaligen Prognosen. Gerade mal zweimal auf dem Podium hofft er darauf, in diesem Jahr im Williams endlich in einem Top-Auto zu sitzen. Und wenn nicht? Dann muss ich sehen, dass ich für 2010 eines bekomme. Oder mich woanders umschauen.
Derlei Gedanken müssen sich weder Timo Glock im Toyota noch Adrian Sutil im Force India machen. Glock lieferte mit 25 Punkten 2008 eine grandiose Debüt-Saison und verlor das interne Duell gegen den erfahrenen Teamkameraden Jarno Trulli nur denkbar knapp. Konstanz in der Saison und den einen oder anderen Ausrutscher nach oben wünscht er sich. Konstanz bewies Piano-Virtuose Sutil meist nur im Qualifying. Und das durch regelmäßiges frühes Ausscheiden. Viel wird sich daran vermutlich nicht ändern. Immerhin, er hat wieder ein Cockpit bekommen und setzt bei der Suche nach dem kleinen Glück auf die neue technische Partnerschaft mit McLaren und auf die Motoren von Mercedes.
Text: Jürgen C. Braun / Fotos: Teams