Formel 1, Saison 2009 (1): Wenn die Krise ihre Kreise zieht

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Mit dem Klassiker beim Großen Preis von Australien in Melbourne beginnt am Sonntag, 29. März, die neue Saison in der Formel 1. Ob sie in ihrer Dramatik an die Ereignisse des vergangenen Jahres wird anknüpfen können, weiß derzeit noch niemand. Im Oktober 2008 sicherte sich auf dem Autodromo Carlos Pace im brasilianischen Interlagos der Brite Lewis Hamilton im McLaren/Mercedes erst in der letzten Kurve des letzten Rennens zum ersten Mal den Titel. Fest steht jedoch, dass die Königsklasse des Motorsports aus mehreren Gründen vor einer an Ereignissen reichen Saison im Theater der PS-Träume stehen wird. Die internationale Wirtschaftskrise macht auch vor dem großen Spektakel des milliardenschweren Rennzirkus nicht halt, massive Einschneidungen im Regelwerk sollen den Zuschauern (und den Sponsoren) noch mehr Action und noch mehr bange Ungewissheit versprechen. Und mit der zukunftsorientierten Hybrid-Technologie KERS umgibt sich die Formel 1 zum ersten Mal ganz bewusst mit dem Mantel einer ökologisch unbefleckten Empfängnis.

Der Schock, den der Rückzug des angeschlagenen japanischen Autoriesen Honda in der Formel 1 im Dezember vergangenen Jahres auslöste, war gewaltig. Obwohl Superhirn Ross Brawn das komplette Team der Japaner mit der fahrerischen Stammbesetzung Jenson Button und Rubens Barrichello kurz vor Saisonbeginn übernommen hat, sind die Auswirkungen der Turbulenzen an den internationalen Finanzmärkten auch im Motorsport nicht zu leugnen. Sparen heißt das Gebot der Stunde. Bereits Anfang des Jahres einigten sich die Rennställe und der Weltautomobilverband FIA über drastische Kostenreduzierungen um die Formel 1 wirtschaftlich zukunftsfähig, umweltfreundlich und preislich attraktiv zu machen, wie Luca de Montezemolo, gleichermaßen Chef des Hauses Ferrari und Sprecher der Vereinigung der Rennställe, FOTA, vorgibt.

Die immensen Kosten der weltweiten PS-Gigantomanie sollten demnach um 30 Prozent gedrückt werden. Rund eine Milliarde Euro weniger wollen die Teams nach den eigenen Beschlüssen künftig aufwenden. So müssen unter anderem die Motoren von diesem Jahr an länger halten und sind auf 18.000 Umdrehungen pro Minute begrenzt. Während der Saison sind Testfahrten verboten, die Nutzung von Windkanälen wurde zeitlich stark eingeschränkt. Auch am teaminternen Personal soll in Zukunft gespart werden. Für die Saison 2010 ist zudem die Entwicklung von kostengünstigeren Getrieben geplant. Die unabhängigen Teams erhalten nach diesen Plänen Motoren für maximal fünf Millionen Euro pro Jahr.

Ziel von FIA-Präsident Max Mosley ist es, nicht nur die derzeitigen Teilnehmer bei der Stange zu halten, sondern sogar neue Interessenten hinzu zu gewinnen. So wie das im Falle von Ross Brawn verwirklicht wurde, der mit dem von Mercedes-Motoren befeuerten ehemaligen Honda-Rennstall derzeit bei den Testfahrten eine Rekordzeit nach der anderen aufstellt. Wie dem amerikanischen USF1-Rennstall sollen die Türen auch anderen potenziellen Zusteigern offen stehen. So ganz allmählich begreift es auch der Letzte, wie unsinnig dieses Wettrüsten ist, urteilte der 68-jährige Brite jüngst in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin Spiegel. Die Kosten müssen weiter radikal eingedämmt werden, indem wir die technischen Möglichkeiten einschränken, fordert Mosley.

Dem sportlichen Wettstreit aber hat die Tatsache, dass auch die Krise ihre Kreise zieht, (Gott sei Dank) noch kein Ende bereitet. So will Branchenriese Toyota, der per anno geschätzte 300 Millionen Euro in das Unternehmen Formel 1 pumpt, in diesem Jahr endlich den ersten Sieg einfahren, dem das Team Panasonic Toyota Racing seit dessen Gründung vor sieben Jahren vergeblich hinterher fährt. Immerhin reichte es im vergangenen Jahr zu Platz fünf in der Konstrukteurswertung und Timo Glock fuhr beim Grand Prix von Ungarn auf den zweiten Platz: Das bisher beste Ergebnis der Japaner. Der Wirtschaft geht es seit Ende letzten Jahres schlechter und das hat die Dinge schwieriger gemacht. Aber wir haben gute Perspektiven und wollen unbedingt unseren ersten Sieg, betonte Toyotas Motorsportdirektor Tadashi Yamashina in Tokio und hob dabei auch die Wichtigkeit der Formel 1 für den Absatzmarkt hervor.

Text: Jürgen C. Braun / Fotos: Hersteller

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