Marta Kijowska: Die Tinte ist ein Zündstoff. Stanislaw Jerzy Lec – der Meister des unfrisierten Denkens. Hanser Verlag; 17,90 Euro
Oft genug wird er bis heute mit einem ironischen Aphorismus zitiert. (Da von Büchern ohnehin nur Zitate übrig blieben, könne man doch genau so gut nur noch Zitate schreiben, hatte er selbst einmal festgehalten). Über die Person hinter solchen Sinnsprüchen war bisher sehr wenig bekannt. Stanislaw Jerzy Lec, dessen Geburtstag sich am 6. März 2009 zum 100. Mal jährt, war eine der schillerndsten Gestalten des literarischen Lebens in Polen. Als Nachfahre der Barone de Tusch-Letz hatte er eine bewegte Biografie: Kindheit in Lemberg und Wien um die Jahrhundertwende, zweifaches Todesurteil und Flucht aus einem KZ im Zweiten Weltkrieg, Diplomatenkarriere, Emigration nach Israel und Rückkehr ins stalinistische Polen.
Seine Aphorismen-Sammlung, die er als Unfrisierte Gedanken herausgab, machte ihn berühmt, aber längst nicht überall beliebt. Marta Kijowska porträtiert den Meister des unfrisierten Denkens anhand von zeitgenössischen Stimmen und Selbstaussagen. Noch in den letzten Lebensjahren vor seinem Tod 1966 hielt er allerlei Gedanken in gewohnt scharfzüngiger Weise recht. Was Marta Kijowska hier über sein Leben schreibt, liest sich so spannend, dass es Lec vermutlich selbst gefallen hätte. Das will viel heißen, denn generell stand Stanislaw Jerzy Lec allen Ausführungen seiner Mitmenschen skeptisch gegenüber: So viele Dinge hätte er doch verstanden, sagte er einmal – wenn man sie ihm doch nur nicht erklärt hätte.