Die Einsatzmöglichkeiten für das außergewöhnliche Gelände-Fahrzeug, das da in den siebziger Jahren zwischen Mercedes-Benz und Steyr Puch entstand, schienen unbegrenzt. Nachdem Renn-Ikone Jacky Ickx mit seinem Dakar-Erfolg in den frühen achtziger Jahren den Schwabe-Kaschten erst einmal in die Schlagzeilen gefahren hatte, machten sich viele potenzielle Eigner Gedanken darüber, ob sie sich dieses Fahrzeug und die dahinter steckende Philosophie und ausgereifte Technik nicht zunutze machen könnten. Dazu gehörte unter anderem auch der Fuhrpark-Chef des Vatikans, der schon lange auf schwäbische Erzeugnisse zurückgreifen durfte. Und so kam es, dass auf Wunsch und Fertigungs-Anleitung der römischen Kurie ein Fahrzeug entstand, das als Papa-Mobil in die Annalen der Geschichte des Automobilbaus einging. Ein Auto, das nichts anderes war als eine G-Klasse. Wenn auch eine besondere.
Das erste Fahrzeug aus schwäbischer Manufaktur schenkte Mercedes-Benz im November 1930 dem damaligen Heiligen Vater Pius XI, der eine Pullmann-Limousine des Typs Nürburg 460 erhielt. Das Fahrzeug mit seinem 230 PS starken Achtzylinder-Motor steht heute übrigens perfekt restauriert und funktionstüchtig im Museum der Papstfahrzeuge des Vatikans. Im Jahr 1960 bekam Papst Johannes XXIII. eine Weiterentwicklung des so genannten Adenauer-Mercedes mit diversen Sonderausstattungen.
Bereits im Jahre 1980, also gerade mal ein Jahr nach der Markteinführung, reihte sich eine modifizierte G-Klasse in den Fuhrpark des Heiligen Stuhls ein. Das erste Papa-Mobil war geboren. Sein besonderes Erkennungsmerkmal war die durchsichtige Kuppel aus einem acht Millimeter dicken Plexiglas, das den Pontifex vor den Unbilden der Witterung schützte. Dennoch war das Oberhaupt der katholischen Kirche aufgrund der durchsichtigen Kuppel für die Gläubigen gut sichtbar.
Papst Johannes Paul II. war noch im gleichen Jahr mit dem ersten Papa-Mobil bei seinem Deutschland-Besuch auf Jungfernfahrt mit dem ganz in mystikweiß gehaltenen Unikat unterwegs. Nach dem Anschlag auf Karol Wojtyla nur ein Jahr später wurde die sichtbare schützende Kuppel kugelsicher gemacht. Der ursprüngliche Papa-G 230 G steht heute im Mercedes-Benz-Museum in Stuttgart, gemeinsam unter anderem mit dem Bus, mit dem die deutschen Fußballer bei der WM 1974 in Deutschland kutschiert wurden (siehe Bild links).
Auf einem G 500 basiert das offene Modell der G-Klasse, das Papst Benedikt XVI. seit dem Jahr 2007 bei seinen wöchentlichen Mittwochs-Audienzen auf dem Petersplatz in Rom benutzt. In fast zweijähriger Entwicklungsarbeit entstand dieses Fahrzeug in enger Abstimmung nach den Vorgaben des Vatikan. Das vier Tonnen schwere Dienstfahrzeug von Josef Ratzinger ist mit einer umklappbaren Frontscheibe und Haltebügeln ausgestattet. Der Heilige Vater betritt das innen ebenfalls in mystikweiß ausgestattete Cabriolet über rot ausgeschlagene Stufen im Heck. Seine Audienzen absolviert der 80-Jährige im Stehen.
Längst gibt es mehr als nur ein Dienstfahrzeug für den Papst, auch andere Hersteller wie Fiat (in Italien), General Motors (in den USA) oder Land Rover (in England) dürfen sich rühmen, den aktuell jeweils höchsten Würdenträger der katholischen Kirche schon gefahren zu haben. Der Ruhm, zum ersten Papa-Mobil der Kirchen- und Automobilgeschichte geworden zu sein, gebührt jedoch der G-Klasse von Mercedes-Benz im Jahr 1980.
Text: Jürgen C. Braun / Fotos: Hersteller