Lkw unterwegs:
Sicherheitsrisiko oder „Dein Freund, der Brummi ? – (Teil 1)

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Zusammen mit führenden Lkw- und Anhänger-Herstellern hat der Verband der Automobil-Industrie (VDA) schon vor zwei Jahren auf der Nutzfahrzeug-IAA in Hannover neue Riesenlastwagen vorgestellt, die in absehbarer Zukunft unser Straßensystem noch mehr belasten sollten. Der Eurocombi, 25 Meter lang und bis zu 60 Tonnen schwer, ist aber für die Mehrzahl der Verkehrsteilnehmer trotz seiner vom VDA beschriebenen Einsparpotenziale wohl eher ein Schreckens-Szenario des individuellen Fernverkehrs. Pkw und Lkw: Da treffen, vor allem auf der Autobahn, meist Welten aufeinander, denen es am guten Willen im Für- und Miteinander mangelt. Für die meisten Pkw-Fahrer sind die großen Trucks, die vom Nordkap bis nach Gibraltar und vom Atlantik bis an den Ural rollen, in erster Linie eines: eine nur schwer zu kontrollierende und permanente Gefahrenquelle. Wie gefährlich sind die Dicken Brummis wirklich? Warum passieren Unfälle mit Nutzfahrzeugen, welchen Belastungen sind die Fahrer ausgesetzt, welche Lösungsansätze gibt es? Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) hatte anerkannte Experten zu diesem Thema eingeladen und mit Fachjournalisten an zwei Tagen darüber diskutiert und praktische Erfahrungen vermittelt. www.kues.de stellt die Ergebnisse in einer mehrteiligen Serie hier vor.

Der demografische Wandel zieht sich quer durch alle Bevölkerungsschichten. Wir werden immer älter, arbeiten länger. Warum sollte diese Entwicklung ausgerechnet am Güterkraftverkehr vorbei gehen? Also: Auch auf 40-Tonnern und ähnlichen Ungetümen sitzen immer mehr Fahrer, die zunehmend mehr Jährchen auf dem Buckel haben. Was bedeutet das aber, welche Konsequenzen folgern daraus? Sind diese Fahrzeug-Führer erfahrener, umsichtiger, vorsichtiger, also ein Sicherheitsvorteil? Oder müssen auch sie den Jahren ihren Tribut zollen? Lassen Leistung, Aufmerksamkeit und Belastbarkeit nach? Ist die steigende Anzahl älterer Kraftfahrer im Nfz-Bereich also ein Problem?

Dr. Wolfgang Fastenmaier vom Institut für Angewandte Psychologie in München hat sich dieser Problematik besonders angenommen und kommt zu folgendem Urteil: Das Unfallrisiko der älteren Lkw-Fahrer erhöht sich erst ab dem 65. Lebensjahr markant. Aufschlussreicher werde das Bild, so Fastenmaier, jedoch bei einer Differenzierung nach Unfallarten und Unfallursachen. Danach würden ältere Lkw-Fahrer vermehrt in so genannten komplexen Anforderungssituationen auffallen. Das heißt vor allem dann, wenn sie zügig und folgerichtig handeln und mehrere Faktoren innerhalb kürzester Frist berücksichtigen müssen. Also etwa das Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer, die Witterungsbedingungen und die Gefahrenlage richtig einschätzen und das eigene Handeln darauf korrekt abstimmen können. Was nichts anders heißt, als: Wenn es kompliziert wird, ist der ältere Fahrer im Nachteil.
Weniger Probleme hätten die älteren Fahrer im kreuzungsfreien Längsverkehr. Was bedeutet, dass ältere Fahrer Abstands- und Geschwindigkeit bei längeren Fahrtabschnitten besser einschätzen und sich darauf einstellen können. Besondere Gefahren lauern jedoch nach den Erfahrungswerten des Experten bei Dämmerung oder in der Dunkelheit. Wenn es schummerig wird, so Fastenmaier, würden ältere Lkw-Fahrer in der Regel zu dicht auffahren oder mit unangepasster Geschwindigkeit fahren. Vor allem deshalb, weil sie die Geschwindigkeit und die Lichtverhältnisse nicht mehr unter einen Hut bringen.

Daten und Studien zur Belastungssituation älterer Lkw-Fahrer seien jedoch dünn gesät. Zunehmende Gesundheitsprobleme, fehlende Pausen wegen hohen Termindrucks sowie raschere Übermüdung seien jedoch nicht von der Hand zu weisen. Das Risiko sei mit steigendem Alter jedoch größer als bei jüngeren Berufskollegen. Abhilfe geschaffen werden könnte durch eine begleitende medizinische Vorsorge-Untersuchung, die bereits sehr früh einsetzt. Außerdem sollten die Unternehmen (Speditionen, Verlader, Disponenten) selbst in Eigenverantwortung zur Verbesserung hinsichtlich Logistik, Disposition und fahrzeugtechnischen Maßnahmen beitragen.

Aus wissenschaftlicher Sicht hört sich das in der Theorie alles sicherlich ganz wunderbar an. Die Wirklichkeit sieht jedoch in vielen Fällen leider ganz anders aus. Da hapert es aus Kostengründen mitunter einfach an der Umsetzungen bestehender gesetzlicher Vorschriften, also an der Wahrung des Arbeitsschutzgesetzes.

Text und Fotos: Jürgen C. Braun

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