Für viele ist er bis heute trotz eines Michael Schumacher Deutschlands größter Autorennsportler aller Zeiten geblieben. Am kommenden Sonntag, 4. Mai, wäre Wolfgang Graf Berghe von Trips, der am 10. September 1961 in Monza tödlich verunglückte, 80 Jahre alt geworden. Im Hunsrück, einem deutschen Mittelgebirge zwischen Trier, Koblenz und Saarbrücken gelegen, hat Raimund Müller, glühender Verehrer von Graf Wolfgang, über viele Jahre und Jahrzehnte lang eine private Trips-Sammlung zusammen gefügt, die – vielleicht weltweit – ihresgleichen sucht.Als die Nachricht aus Monza über das Radio kam, bin ich mit meinem Freund Alfred zu Hause in den Stadtpark gegangen. Wir haben uns von Trips erzählt und dann los geheult. Raimund Müller ist 12 Jahre alt, als der letzte Spross einer rheinischen Adelsfamilie, die Fahrer-Weltmeisterschaft in der Formel 1 vor Augen, sein Leben lässt. Bei einem Überholmanöver berühren sich die Räder der Boliden des Grafen und des Schotten Jim Clark im Lotus bei Tempo 240. Der Ferrari des Deutschen schießt wie ein Torpedo in die Menge. Er selbst und 14 Zuschauer sterben. Trips wird später posthum zum Weltmeister erklärt.Die Faszination Motorsport, Formel 1, vor allem aber Wolfgang Graf Berghe von Trips, hat Müller, der sich früh beruflich nach Köln orientierte, Zeit seines Lebens nie los gelassen. Mittlerweile ist er wieder in die Heimat zurückgekehrt. Das weiträumige, wunderschön am Waldesrand gelegene Haus der Familie im kleinen Hunsrückdorf Franzenheim ist eine einzige Hommage an Trips, vor allen Dingen im Erdgeschoss, wo Müller, sein Trips-Museum aufgebaut hat. Unzählige Erinnerungsstücke, die weltweit wohl in kaum einer privaten Sammlung zu sehen sind, erinnern an Graf Wolfgang. Bücher, Plakate, Jacken, Wimpel, Fotos, Faksimiles handschriftlicher Aufzeichnungen. Eine Nachbildung seines Helms, dazu Bilder, die den Hausherrn im Gespräch mit Elfriede Floßdorf, der Privatsekretärin von Trips, zeigen. Und ein Original-Autogramm von Trips, das er von seinem Hermeskeiler Motorsport-Freund Werner Glass bekam. Mit den Worten: Wenn einer es verdient hat, dann Du.Von 2003 bis 2005 war Müller in Köln Präsident der Scuderia Colonia gewesen, einer Rennfahrergemeinschaft, die Trips ein Jahr vor seinem Tod ins Leben gerufen hatte und deren erster Präsident er war. Dieses Amt in der unmittelbaren Erbfolge des Wolfgang Graf Berghe von Trips gab Müller auf, als es ihn beruflich in die Heimat zurückzog. In Luxemburg ist er mittlerweile Generaldirektor einer Baumarktkette, hat in Franzenheim ein neues Domizil gefunden. Im Großherzogtum hat er vor kurzem eine Trips-Ausstellung mit eigenen Exponaten organisiert. Ehrengast war Formel-1-Pilot Adrian Sutil.
Müller fährt selbst aktiv und erfolgreich Langstreckenrennen in seinem Porsche 356, ist an den Rennstrecken dieser Welt zu Hause. Autogramme von Schumacher, Alonso, Regazzoni, Moss, und von Phil Hill, der 1961 anstelle des tödlich verunglückten Grafen mit einem einzigen Punkt Vorsprung Weltmeister wurde, zieren sein Privatmuseum. Müller ist vom Trips-Virus infiziert. Im positiven Sinne: Dem jungen Schumacher hab ich damals in Horrem gesagt. Sieh Dir das an. Du kannst einmal dessen Nachfolger werden. Ich hoffe, Du weißt, was das bedeutet.
Er selbst, Raimund Müller, weiß, was das bedeutet: Ein riesiges Bild von – nicht nur seiner Meinung nach – Deutschlands größtem Rennfahrer aller Zeiten, schmückt das Wohnzimmer, bevor es hinaus auf die weitläufige Terrasse geht. In die vielen Trips-Biografien, die es bereits gibt, und die jetzt zu seinem 80. Geburtstag wieder neu aufgelegt werden, passt der Titel des Werkes von Dr. Hermann Harster, einem Zeitgenossen und Weggefährten des ersten deutschen Yuppies und letzten edlen Ritter wohl am besten: Das Rennen ist nie zu Ende.
Text und Bilder: Jürgen C. Braun