Spätestens ab dem kommenden Jahr, so der neue Ford-Chef Alan Mullaly, soll der kriselnde Ford-Konzern wieder schwarze Zahlen schreiben und nicht mehr nur von den guten Verkaufsergebnissen auf dem US-Überseemarkt profitieren. Da schreckt das Management auch von scheinbar unpopulären Maßnahmen nicht zurück und gab am Mittwoch einen Deal offiziell bekannt, der zwar nicht unerwartet kam, dennoch ein bezeichnendes Licht auf die derzeitigen finanziellen Machtverhältnisse wirft: Der indische Autohersteller Tata, in der Branche eher als Billiganbieter bekannt, öffnet das Portemonnaie und übernimmt für rund zwei Milliarden die britischen Traditionsmarken Jaguar und Land Rover, die unter dem Dach des Mutterkonzerns Ford derzeit ein ziemlich tristes Dasein fristen. Das ist in etwa so, als würde in der Fußball-Bundesliga Energie Cottbus den Kader des FC Bayern München aufkaufen.
Der angeschlagene US-Konzern braucht dringend eine kräftige Finanzspritze, um sein darbendes Kerngeschäft zu sanieren: Der drittgrößte Autobauer der Welt wies allein 2006 einen Verlust von fast 13 Milliarden Dollar aus. Ford hatte schon seit längerem nach einem Käufer für seine beiden britischen Traditions-Marken Ausschau gehalten und die Inder dabei favorisiert. Der US-Konzern hatte Jaguar 1989 für umgerechnet rund 2,1 Milliarden Euro gekauft, im Jahr danach Land Rover für eine ähnliche Summe.
Für die traditionsbewussten Briten muss das jetzt ein ziemlicher Schlag ins Gesicht sein, wenn eine ehemalige Kolonie, sprich der indische Mischkonzern Tata, das einst so mächtige Empire, sprich Jaguar, aufkauft. Neben etlichen chinesischen Produzenten, die vor allem mit den Sicherheitselementen ihrer Fahrzeuge teils erschreckende Testergebnisse hinnehmen mussten, fordert nun also auch ein indischer Konzern die großen Hersteller heraus. Denn Tata erhält mit der profitablen SUV-Sparte nicht nur eine wertvolle Marke, sondern auch das ganze technische Know-How und damit die Voraussetzungen, die Qualität der eigenen Billig-Autos nachhaltig zu verbessern.
Für Tata bedeutet dieser Deal nicht nur einen hohen Gewinn an Renommee, sondern auch den Sprung in eine ganz andere Liga des automobilen Welthandels. Dass im fernen Osten jede Menge an Finanzkraft steckt, bewies zu Beginn der neuen Formel-1-Saison schon die Übernahme des ehemaligen Spyker-Rennstalls durch einen indischen Milliardär, der den Rennstall jetzt unter Force India laufen lässt. Der Verkauf von Jaguar und Land Rover zeigt, dass finanzstarke Investoren aus dem fernen Osten die derzeitigen Schwächen der großen westlichen Konzerne geschickt ausnutzen können. Weitere Transaktionen dieser Größenordnung erscheinen derzeit nicht ausgeschlossen.
Text: Jürgen C. Braun