Die Autofahrer der Zukunft leben im Fall eines Seitenaufpralls dank APROSYS (Advanced PROtection SYStems) sicherer. Das Projekt wurde in Valladolid (Spanien) vorgestellt. Mit Partnern aus der Automobilindustrie und verschiedenen Forschungseinrichtungen hat Faurecia ein innovatives Sicherheitssystem entwickelt, das Kollisionen voraussieht und einen Seitenaufprallschutz aktiviert. So wird das Verletzungsrisiko erheblich vermindert.
In Europa gab es im Jahr 2006 fast 43.000 Unfalltote im Straßenverkehr. Bei 25 % der Opfer war die Todesursache ein Seitenaufprall. Vor dem Hintergrund Besorgnis erregender Unfallzahlen rief die Europäische Union im Jahr 2004 das so genannte APROSYS-Projekt ins Leben. Ein Teil dieses Projekts bestand aus der Entwicklung eines Frühwarnsystems bei Unfällen mit Seitenaufprall. Dazu wurde ein Team aus einem Hersteller, mehreren Zulieferern – darunter Faurecia – und verschiedenen Forschungszentren und Universitätseinrichtungen aufgestellt.
Das fertige Projekt wurde schließlich in Valladolid, Spanien, vorgestellt. Dabei wurde das neue System einem abschließenden, live durchgeführten Seitenaufprall-Crashtest (gemäß Euro NCAP) unterzogen. Es waren Vertreter der Automobilindustrie und verschiedener Institutionen für Verkehrssicherheit (UTAC und Euro NCAP) anwesend, dazu Journalisten der internationalen Presse.
Unfälle mit Seitenaufprall haben besonders drastische Auswirkungen auf die Sicherheit, weil der Abstand zwischen Fahrzeugkarosserie und Körper der Insassen besonders gering ist. Daher bleiben bei einem Unfall für Sicherheitssysteme wie Airbags und Gurte wenig Raum und wenig Reaktionszeit. Das im Rahmen des APROSYS-Projekts entwickelte System besteht aus zwei Hauptteilen, die diese beiden Probleme beheben.
Zunächst wurde ein Pre-Crash-Sensorsystem in die Fahrzeugkarosserie integriert, die eine Kollision fast 200 Millisekunden vor dem eigentlichen Aufprall voraussagen kann und entscheidet, ob das Sicherheitssystem aktiviert wird oder nicht. So kann die nötige Zeit für ein aktives Sicherheitssystem gewonnen werden, das größtmöglichen Schutz für die Fahrzeuginsassen bietet.
Außerdem wurde das Sicherheitssystem selbst entwickelt – von Faurecias Experten in Scheuerfeld (Deutschland). Das System verringert die strukturelle Verformung des Fahrzeugs in Richtung Innenraum um bis zu 70 mm. Um das zu erreichen, hat das Faurecia-Team eine Vorrichtung entwickelt, die bei ihrer Aktivierung eine durchgehende Metallstrebe bildet, die von der Außenseite des Chassis an der Tür, unter den Sitzen hindurch, bis zur gegenüberliegenden Tür reicht. Dadurch wird die beim Aufprall entstehende Energie über die ganze Breite des Fahrzeugs abgeleitet und im Aufprallbereich entsprechend reduziert.
Aktiviert wird dieses System durch eine Technologie, die Faurecia zusammen mit dem Fraunhofer Institut entwickelt hat. Sobald die Pre-Crash-Sensoren das Signal geben, lässt ein Schalter aus einer Formgedächtnis-Legierung (SMA = Shape Memory Alloy) einen Bolzen mit Rückholfeder herausschnellen, der die Metallstrebe auf beiden Seiten des Fahrzeugs um den Abstand zwischen Sitz und Tür verlängert. Ein weiterer Mechanismus überbrückt den Abstand zwischen der Außenseite der Tür und der Innenverkleidung. Auf diese Weise entsteht nur 60 Millisekunden nach dem ersten Signal eine durchgehende Metallstrebe, die die bei der Kollision auftretenden Kräfte von der B-Säule ablenkt.
Zusätzlich zu dem für die Fahrzeuginsassen lebensrettenden Platzgewinn verbessert dieses System auch die Wirksamkeit anderer Sicherheitssysteme wie Airbags (die nun langsamer und schonender entfaltet werden können) oder Sicherheitsgurte. Aufgrund der Verwendung von Formgedächtnis-Legierungen ist dieses System außerdem vollständig zurückstellbar. Anders als pyrotechnische Systeme kann es also wiederverwendet werden.
Fotos: (c) Cidaut / Faurecia 2008