„Die Alternativen sind keine Exoten mehr“

Beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring fahren 15 Prozent der 220 Fahrzeuge mit Erdgas oder anderen alternativen Antrieben.

Den Gesamtsieg eines Fahrzeugs mit Dieselmotor hat das neben Le Mans bedeutendste Langstrecken-Spektakel der Welt schon hinter sich, doch was sich am kommenden Samstag und Sonntag zweimal rund um die Uhr beim legendären 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring an Fahrzeugen mit alternativen Energie-Ressourcen tummelt, das ist schon außergewöhnlich. Fast ein Jahrzehnt nach dem Gesamtsieg durch Hans-Joachim Striezel Stuck im Jahre 1998 auf einem BMW 320 d werden unter den mehr als 700 Startern auf der Nordschleife der Grünen Hölle Konkurrenten an den Start gehen, deren Fahrzeuge mit Erdgas oder anderen alternativen Kraftstoffen ausgerüstet sind.

Eines der kleinsten Fahrzeuge im Feld der 220 Teilnehmer wird wohl eines der größten Experimente wagen. Christian Göhrke (Leiferde), Harald Frings (Starnberg) und Andreas Leue (Schöneiche) treten auf einem VW Polo GTI an, dessen Motor mit Erdgas angetrieben wird. Beim Langstreckenklassiker auf dem Nürburgring kämpft das Team dabei in einer enorm stark besetzten Klasse, denn seit dem BMW-Erfolg 1998 ist die zukunftsträchtige Kategorie der alternativ angetriebenen Fahrzeuge stetig gewachsen und stellt in diesem Jahr rund 15 Prozent der Teilnehmer. Unser Ziel ist in erster Linie, durchzufahren und anzukommen, sagt Andreas Leue. Wir wollen beweisen, dass die seriennahe Erdgastechnik diesen Härtetest besteht.

Teamchef Christian Göhrke ist bei VW individual für die Entwicklung sämtlicher VW-Erdgasmodelle zuständig und testet auf dem Ring die Langstreckenqualitäten der eigenen Produkte. Denn für den Renneinsatz rüstete das Team einen Serien-Polo GTI um, der es nach Chip-Tuning und Einbau der Erdgasanlage auf gut 150 PS bringen dürfte. Abgesehen davon ist der Erdgas-Renner serienmäßig.

Das hochoktanige Erdgas wird über eine spezielle Gastankanlage mit Überdruckfunktion abgegeben. Gerade einmal 20 Sekunden werden benötigt, um Kraftstoff für die nächsten sechs bis sieben Runden auf der 25 km langen Kombination aus Grand-Prix-Strecke und Nordschleife an Bord zu nehmen. Dabei ist Erdgas ein umweltfreundlicherer Energieträger als Benzin und Diesel: Wir haben im Renneinsatz ungefähr 25 Prozent weniger CO2-Emissionen als bei einem Benzinmotor, erklärt Christian Göhrke. Und natürlich haben wir, da wir Gas verbrennen, keinerlei Rußpartikel im Abgas.

Dr. Karl-Friedrich Ziegahn, Präsident des Deutschen Sportfahrer-Kreises (DSK) und Leiter der Fachgruppe Umwelt im Motorsport-Dachverband DMSB, sieht gerade in solchen Projekten wie dem privaten Erdgas-Polo ein zukunftsträchtiges Modell: Die so genannten alternativen Kraftstoffe führen längst kein Exotendasein mehr. Im Gegenteil: Es gibt eine Fülle an Konzepten und Ideen, und ich wünsche mir, dass im Motorsport möglichst viele Alternativen ausprobiert werden.

Text: Jürgen C. Braun

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