Conti- Verkehrsuntersuchung: Vorsicht – Andreaskreuz!

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In Deutschland gibt es rund 50.000 Bahnübergänge, die zum Streckennetz der Deutschen Bahn AG und von privaten Bahnen, aber auch zu Industrie- und Hafenbahnen sowie Straßen- und Stadtbahnen gehören. Im Jahr 2004 ereigneten sich hier zu Lande 247 Kollisionen mit 55 Getöteten, die meisten davon waren als Fußgänger unterwegs. Im Vergleich zu der Gesamtzahl der getöteten Verkehrsteilnehmer ist diese Zahl mit rund einer Promille recht gering und steht im Widerspruch zu den medienwirksamen Bildern und Berichten von Zusammenstößen zwischen Zügen und Autos. Doch machen die Kollisionen nur einen kleinen Teil des Unfallgeschehens aus. Den weitaus größeren Anteil daran haben die Unfälle, die ohne Beteiligung von Bahnfahrzeugen stattfinden. Es handelt sich hier um Karambolagen mit Schranken oder mit dem Begegnungsverkehr. Oder es kommt zu Alleinunfällen, dabei sind besonders Fußgänger oder Zweiradfahrer betroffen.

Es gibt gesicherte und ungesicherte Übergänge. Doch damit nicht genug: Auch bei den gesicherten Bahnübergänge gibt es unterschiedliche Arten. Neben der Vollschranke und Lichtanlage trifft man häufig auf Halbschranken mit Blinklicht. Die Vielzahl der unterschiedlich gestalteten Bahnübergänge scheint die Verkehrsteilnehmer zu verwirren. So haben die Autoren Ellinghaus und Steinbrecher in ihrer neuesten Continental-Verkehrsuntersuchung festgestellt, dass sich Autofahrer, Fußgänger und Radfahrer extrem unsicher fühlen, wenn sie Gleise überqueren. Besonders bei ungesicherten Übergängen steigt der Unsicherheitsfaktor an. Aber auch Schranken sorgen für Unwohlsein, befürchten doch viele zwischen diesen eingesperrt werden zu können. Als weitere Ursache für Unsicherheiten machten die Autoren die Unkenntnis über die Verkehrsregeln an Bahnübergängen aus. Viele Verkehrsteilnehmer gaben an, das rote Blinklicht würde nur Achtung bedeuten und man dürfe noch die Gleise schnell überqueren. Bei Übergängen, die mit modernen rot-gelben Wechsellichtzeichen ausgerüstet sind, sind die Verkehrsteilnehmer irritiert, dass es kein Grün für freie Fahrt gibt. Auch der Regelungswert von Halbschranken, ist nicht allen klar. So glaubten immerhin sechs Prozent der Befragten, dass man geschlossene Halbschranken auf eigene Gefahr umfahren dürfe. Noch größere Unkenntnis zeigte sich bei den Regeln, die das Anhalten und das Parken rund um einen Bahnübergang betreffen. So ist es innerorts in einem Bereich von fünf Metern vor und hinter dem Übergang untersagt zu parken, außerorts sind es sogar 50 Meter. Während immerhin für den Innerortsbereich noch drei Viertel der Verkehrsteilnehmer Bescheid wussten, sank der entsprechende Anteil für den Außerortsbereich auf unter 50 Prozent. Noch weniger bekannt ist die Vorschrift, dass außerhalb geschlossener Ortschaften, nicht nur Lkw, sondern auch Pkw mit Anhängern bei einem geschlossenen Bahnübergang an der einstreifigen Barke, also 80 Meter vor dem Übergang, zu warten haben. Zweck der Vorschrift ist, die Sicht auf nähernde Züge frei zu halten.

Eine lange Wartezeit vor den geschlossenen Schranken führt schnell zu Ärger und Verdruss. Bei Wartezeiten über einer Viertelstunde steigt die Versuchung, trotz eines roten Lichtsignals den Übergang zu queren. Besonders Fußgänger und Radfahrer zeigten sich risikobereit und eilten trotz geschlossener Schranken oder roten Blinklichts noch über die Gleise. Hier sehen die Autoren noch einen großen Aufklärungsbedarf. Sie fordern eine Medienkampagne, die über die wichtigsten Regeln an Bahnübergängen aufklärt und die Gefahren von leichtsinnigem Handeln thematisiert. So dass in Zukunft das Auftauchen eines Andreaskreuzes bei den Verkehrsteilnehmern kein Unwohlsein auslöst.

Text: Elfriede Munsch

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