Buchtipp der Woche

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Luigi BROGNA: Das Kind unterm Salatblatt. Geschichten von meiner sizilianischen Familie. Ullstein Verlag (Taschenbuch), 9 Euro.

Man hat es nicht leicht, wenn man als Kind in einer sizilianischen Großfamilie aufwächst. Das jedenfalls räumt Luigi Brogna ein, der 1971 mit seinen Eltern ins deutsche Schwabenländle kam, nachdem er die ersten zehn Jahre seines Lebens in Sizilien verbracht hatte. Familiensinn, das sind hüben und drüben verschiedene Paar Schuhe.

Mit seinen Erinnerungen an diese Zeit wirbt Brogna um Verständnis für seine Großfamilie, auch wenn er selbst so seine liebe Not mit dem Verstehen dessen hatte, was die Familienmitglieder bisweilen veranstalteten.

Da litt, zum Beispiel, Luigis Mutter unter heftigen Kopfschmerzen. Sie fragte ihre Großmutter (also Luigis Uroma) um Rat. Diese träufelte dann ihrer Enkelin eine Flüssigkeit aus einer braunen Flasche auf und versuchte, mit dem Heil-Wissen ihres Volks-Glaubens der Pein Herr zu werden. Ursächlich für die Kopfschmerzen sei die Tatsache, dass irgendwer ihrer Enkelin nicht so arg wohlgesonnen sei. Sagt die Oma.

Freilich werden die Kopfschmerzen dadurch nicht besser. Nur abends schlägt Luigi, der die ganze Prozedur mitbekommen hat, Alarm: Nimmt doch die Uroma die braune Flasche, mit der sie zuvor ihrer Enkelin helfen wollte, nun zur Essenszubereitung. Ja, sollen denn nun alle Kopfschmerzen bekommen?

Mit Mühe, aber eben doch, lässt Luigi sich davon überzeugen, dass in der braunen Flasche wirklich eine Zauberflüssigkeit steckt: Feinstes Olivenöl, das zum Verzaubern von Tomaten verwendet wird. Mit Oregano, Salz, Zwiebeln und etwas Weinessig werden sie, wie Luigi selbst sagt, zum besten Tomatensalat der Welt, und Luigis Welt ist somit wieder in Ordnung.

Vielleicht liest sich die Episode düsterer als sie im Buch wirkt: Die Oma bzw. Ur-Oma ist eine der Omas, die vielleicht im Aussterben begriffen sind – fürsorglich, aber nicht muttchendoof, energisch, wenn es sein muss und mit einer guten Portion positiver Schlitzohrigkeit gesegnet.

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