Test-Tour: VW Golf Plus 1,9 TDI

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Das Konzept ist nicht neu. Ford (mit dem C-Max) oder auch Peugeot (mit den SW-Modellen) haben es bereits vorgemacht. Man nehme ein Basis-Fahrzeug, verpasse ihm mehr Raumgefühl, größere Variabilität und feile auch etwas an seinem optischen Auftritt. Und schon kommt ein (fast) neues Auto dabei heraus. Dieser Ansatz trifft auch auf den VW Golf Plus mit seinem höheren Dach, (9,5 Zentimeter höher als beim Golf) der erhöhten Sitzposition und seinem deutlichen erweiterten Raumgewinn zu. Da war der Name schon Programm. Ein Plus in vielerlei Hinsicht eben.

Der feine Unterschied zum normalen Golf macht sich in erster Linie an der Karosserie aus. Zwar sagt Wolfsburg, dass 70 Prozent gleiche Teile verwendet werden, doch der Blechkleid-Käfig des Mehrwert-Golfs – irgendwo zwischen Golf und Touran angesiedelt – spricht eine andere Sprache. Denn bis auf Türgriffe und Außenspiegel ist vom Ur-Vater nichts mehr übrig geblieben. Die Motorhaube ist kürzer, die Frontscheibe etwas nach vorn versetzt. Wenn auch Länge, Breite und Radstand identisch sind, so sitzt der Fahrer doch um 7,5 Zentimeter höher. Das, so nicht nur unser subjektiver Eindruck bei unserer Testtour, gewährt eine bessere Rundumsicht und erleichtert zudem das Einparken.

Allerlei Tricks und Kniffe der Hersteller sind bei dieser Art von Autos an der Tagesordnung. Da hat auch Volkswagen die hohe Kunst der Innovation bewiesen. Bei der Packesel-Funktion etwa. 395 Liter fasst der Kofferraum des Golf Plus im Normalzustand. Das sind bereits 45 Liter mehr als beim einfachen Golf. Im Extremfall sind bis zu 1.450 Liter möglich. Die Rückbank ist um 16 Zentimeter in Längsrichtung verschiebbar, da lässt sich zwischen Kniefreiheit und Laderaum trefflich wählen. Doch der Weg zum Baumarkt ermöglicht noch mehr bei der Heimfahrt. Die im Verhältnis 1 zu 2 teilbare Rückbank lässt sich mittels zweier Schlaufen umklappen. Jetzt kommt der Trick: Eine spezielle Mechanik ermöglicht es, dass die entstehende Lücke zwischen Laderaumboden und Sitz geschlossen wird und so ein zusätzliches Gepäckabteil entsteht. Eine großzügig bemessene Zuladung von 530 Kilo zeugt davon, dass dieser Aufwand mehr als nur bloße technische Spielerei ist.

David Copperfield hätte seine helle Freude an diesem Auto gehabt, denn so viel Platz zum Verstecken, wieder hervor zaubern (vielleicht auch mal zum Vergessen) findet man selten. Im Dachhimmel, dem Handschuhfach, der Mittelarmlehne, den Türen und, und, und. Zwei voll klimatisierte Verstaumöglichkeiten sorgen dafür, dass die Getränke auf der Urlaubsfahrt nicht schmelzen und die Butter nicht von den mitgenommenen Broten rinnt.

Der bewährte 1,9-Liter-Pumpe-Düse aus dem großen Wolfsburger Antriebs-Regal passt zum Golf Plus und dessen angestrebter Klientel wie die berühmte Faust aufs Auge. Was leider nicht für den fehlenden Partikelfilter zutrifft. Die 105 PS sorgen zwar für keinen Geschwindigkeits-Rausch, doch in Zeiten explodierender Spritpreise hellt sich der Blick an der Zapfsäule beim von uns errechneten Verbrauch von 5,7 Liter Diesel auf 100 Kilometer auf. Gleich, ob man sich der Automatik bedient, oder in der zweiten Schaltkulisse manuell oder per Lenkrad-Wippen arbeitet. Und zügig vorwärts geht's mit dem 105 PS starken Selbstzünder – diese Erfahrung haben wir in zwei Wochen Testtour gemacht – auch bei voller Besetzung des Gestühls. 181 km/h gibt der Hersteller als Höchstgeschwindigkeit an. Da Antriebseinheit, Fahrwerk und Lenkung identisch mit den Golf-Komponenten sind, fährt sich der Wolfsburg-Van wie ein ganz normaler, mitunter etwas leicht untersteuernder Fronttriebler. Ein serienmäßiges ESP sorgt zudem dafür, dass irgendwelchen Lenkrad-Hitzköpfen schnell der Garaus gemacht wird.

Wie auch beim Normalo wird der Golf Plus in den drei bekannten Ausstattungs-Varianten angeboten, dies für etwa 700 Euro mehr als die Basis-Variante. Unser Fazit: Wer sich für einen Golf entscheidet, der sollte, bevor er den Kaufvertrag unterschreibt, das Plus in vielerlei Hinsicht in seine Kaufentscheidung mit einbeziehen.

Text: Jürgen C. Braun

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