Heilig’s Blechle !

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Schwäbische Prachtmobile an der Mittelmosel. Im Weinromantikhotel Richtershof in Mülheim trafen sich am ersten August-Wochenende die Mitglieder des Maybach Clubs und des Mercedes-Benz Kompressor Clubs. Geschätzter Wert der historischen Vorkriegsmodelle: etwa 25 Millionen Euro.

Der junge Mann im tiefer gelegten VW Golf GTI vor dem Eingangsportal des exklusiven Richtershof muss sich an diesem Freitagmorgen ein wenig deplatziert vorgekommen sein und sein Gesichtsausdruck verstärkt diese Annahme. Automobiles Kulturgut aus einer Epoche, in der Charleston statt Hipp-hopp und Weißwand-Reifen statt Fuchsschwanz en vogue waren, hatte den Parkplatz des Richtershof zu einer musealen Freiluftbühne mutieren lassen. Die Mitglieder des Maybach-Clubs und des Mercedes-Benz Kompressor Clubs residieren bis zum Sonntag vier Tage lang anlässlich ihres Jahrestreffens an der Mosel, bewegen ihre sündhaft schönen und ebenso teuren Derivate auf ausgesuchten Strecken zwischen Mosel, Hunsrück und Eifel. 80 Prozent sind aus eigener Antriebskraft angereist, die übrigen auf der Pritsche, wie Ernst D. Beeh, Präsident des Mercedes-Benz Kompressor Clubs, erläutert.

Unternehmer und Selbständige grenzt er den illustren Kreis der Besitzer solcher rollender historischer Schatzkammern ein, wobei freie Handelsvertreter oder ähnliche Einkommensgruppen im Genre der Selbständigen sicherlich in der extremen Minderzahl waren. Im romantisch-verschwiegenen Richtershof ist man vier Tage entre nous, flaniert auf verwinkelten Sträßchen der Region und ergötzt sich am eigenen fahrbaren Untersatz, an den kulinarischen Schätzen der moselländischen Küchen und Keller und ein wenig wohl auch an sich selbst. Etwa 60 Mitglieder hat der Mercedes-Kompressor Club, der Maybach-Club kommt auf deren 50, wobei der ein oder andere der Zunft mitunter auch schon einmal die Wahl zwischen den eigenen Kompressor-MB's oder den Fahrzeugen mit den beiden geschwungen M, die für Maybach Manufaktur stehen, hat.

Seit mittlerweile fünf Jahren treffen sich die Mitglieder der weltweit einzigen Marken-Clubs dieser historischen Automobile mit ihren Klassikern aus den 20er und 30er Jahren einmal jährlich zu einem gemeinsamen Wochenende. Dort wo es schön ist und wir das geeignete Ambiente für unsere Ausfahrten finden, erläutert Beeh. Im Geiste des Königs der Konstrukteure, wie Gottlieb Daimlers beruflicher Wegbegleiter Wilhelm Maybach schon zu dessen Lebzeiten genannt wurde, zelebrieren die Freunde dieser handverlesenen schwäbischen Prunkstücke eine öffentliche Hommage an die hohe Kunst des Automobilbaus des frühen vergangenen Jahrhunderts.

Öffentlich aber dennoch nur im begrenzten Sinne. Uns sind alle Gäste natürlich jederzeit willkommen, aber diese Veranstaltung ist nun einmal keine Gelegenheit, um mal eine Spritztour in einem Maybach machen zu können, schränkt Armin Hoeck, der geschäftsführende Direktor und General Manager des Hauses, das mit seinem distinguierten Charme wunderbar zu den stummen Zeitzeugen passt, ein. Sein preisgekrönter Sterne-Tempel war schon des Öfteren Ziel von Leuten, die sich mit nicht gerade alltäglichen Fahrzeugen befassen. Wir sind dank internationaler Akquise so was wie ein Autohotel. Der Morgan-Club und der historische Porsche-Club waren auch schon hier erzählt er nicht ohne Stolz, um so eben ganz en passant darauf zu verweisen, dass im September die London Rolls Royce Owners zu einer Stippvisite an der Mosel erwartet werden. Es ist halt jeder willkommen.

Vorerst aber galt es, die hehren Wochenend-Gäste zur vollsten Zufriedenheit und mit heilen Autos am Sonntag wieder abreisen zu sehen. Wir haben unsere eigene Security, weist Beeh auf die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen hin und Hoeck beteuert, dass ich auch die hiesige Polizei gebeten habe, ein Auge auf die Autos zu werfen. Na, wer macht das nicht! Bis Sonntag aber wird erst einmal bei Cuvée R Mosel-Rieslingsekt oder Liqeur vom roten Weinbergspfirsich ein Toast auf die Herren Daimler und Maybach ausgebracht. Na denn: Wohl bekomm's im besten schwäbischen Sinne: Heilig's Blechle.

(Jürgen C. Braun)

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