Test-Tour: Renault Koleos

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Lange hat der französische Autobauer Renault gebraucht, um ein Fahrzeugsegment zu besetzen, in dem die Konkurrenz eigentlich schon lange auf und davon gefahren schien. Dann kam im Jahr 2008 mit dem Koleos ein SUV auf den Markt, das – wahlweise angetrieben von zwei Dieseln mit 150 und 173 PS oder einem 171 PS starken Benziner – eine gelungene Mixtur aus Fahrkomfort auf langen Wegen, viel Platz mit variabler Gestaltungsmöglichkeit und dank des modernen Allradantriebs erstaunlicher Geländegängigkeit bietet. Wir fuhren die Variante mit dem großen Selbstzünder-Aggregat und einem Ausstattungspaket, das sich „Night & Day“ nennt.

Der Koleos macht auf den ersten Blick einen ziemlichen wuchtigen, aber nicht klobigen Eindruck, bei dem sich recht unterschiedliche Erkennungsmerkmale miteinander verbinden. Die SUV-typischen Attribute wie hohe Bodenfreiheit (18,8 Zentimeter), verbreiterte Kotflügel und die auffallenden, großzügig ausgestellten Radhäuser deuten zunächst einmal darauf hin, dass der Franzose durchaus auch das Zeug zum „Trüffelschwein“ hat, wenn denn im Matsch gewühlt werden soll. Andererseits verleiht die sich schwungvoll verjüngende Heckpartie mit einem prägnanten Spoiler und der deutlich geneigten Heckscheibe auch viel Dynamik und einen sportlichen Auftritt.

Fahrzeuge dieses Genres müssen sich neben Durchzugsstärke des Antriebsaggregates und Geländegängigkeit vor allem an ihrem Nutzwert und Variabilität messen lassen. Dabei punktet der Koleos, dem man aufgrund seiner mächtigen Seitenansicht auch durchaus den Namen „Koloss“ verleihen könnte mit sinnvollen Details. Eine horizontal geteilte Heckklappe erlaubt das Beladen des Kofferraums auch im Gewirr des Großstadtdschungels. Zudem kann das untere Segment mit einer Tragfähigkeit von 200 Kilogramm entweder als Sitzgelegenheit oder auch als zusätzliche Abstütze beim Beladen sperriger Güter genutzt werden. Mit ein paar Handgriffen lässt sich ein durchgängiger ebener Laderaum von 2,60 Meter Länge herstellen, mit dem auch der Besuch im Möbelhaus und der anschließende Transport kein Problem sind. Dazu passend ein Kofferraum, dessen Maße je nach Konfiguration des Innenraums zwischen 450 und 1.380 Liter variieren.

Im westlichen Hunsrück lassen sich, lange bevor die ersten Krokusse sich aus dem Boden wagen, problemlos Hänge, Wiesen und Waldzufahrten finden, auf denen man den Allrad-Modalitäten solcher Fahrzeuge zwar nicht auf die Finger, aber doch auf die Reifen schauen kann. Renault nennt seinen variablen Allradantrieb „All Mode 4X4 i“. Ein hübsches Kunstwort, das aber seine Befähigung im Praxistest erst nachweisen muss. Im sogenannten AUTO-Modus wird der Koleos 4×4 auf der Asphaltpiste nur über die Vorderräder angetrieben.

Unter diesen Voraussetzungen wären wir auf dem Untergrund, der noch den Hochwälder Winter durch Schlamm, Matsch und restliches Eis nicht leugnen konnte, nicht weit gekommen. Doch unter diesen Voraussetzungen, wenn die Traktion gegen null tendiert, greift eine Mehrscheibenkupplung ein und leitet die Hälfte des verfügbaren Drehmoments automatisch an die Hinterachse. Unser „kolossaler Koleos“ muckte jedenfalls nicht, als wir dergestalt auch auf steilen, unbefestigten Hängen unserem Abenteuertrieb freien Lauf ließen.

In Zahlen ausgedrückt moderiert der Hersteller das folgendermaßen: Böschungswinkel von 27 Grad vorn und 31 Grad hinten. Steigungen von bis zu 30 Prozent und Schräglagen bis zu 49 Grad sind kein Problem. Zudem kann der Fahrer bei Bedarf auch manuell mit einem kleinen Schalter am Armaturenbrett in den starren Allradmodus (LOCK) wechseln. Um es etwas profaner, aber sehr viel treffender auszudrücken: Der Renault Koleos ist alles andere als ein aufgemotzter Softroader zum Flanieren vor dem Eiscafé. Letzteres auch dank einer serienmäßigen Berganfahrhilfe mit dem schönen Anglizismus „Hill Start Assist“, der sich gerade bei einem Fahrzeug eines französischen Anbieters besonders trefflich macht.

Der Koleos fährt sich aber auch unter normalen Voraussetzungen auf Landstraße oder Autobahnen durchaus wie eine Limousine. Trotz des hohen Aufbaus verrät er keine Wankneigungen. Die hohe Sitzposition, eine gute Rundumsicht, großzügige Fensterflächen und viel Raum bei kompakten Abmessungen sind auffallende Merkmale eines Fahrzeugs in einem Segment, in dem die Luft für die vielen Anbieter „immer dünner“ wird. Wir verbrauchten mit dem großen Dieselmotor 7,6 Liter Kraftstoff nach unseren Berechnungen. Die Fahrleistungen gibt Renault mit 191 V-Max und einer Beschleunigung von Null auf 100 km/h in 9,9 Sekunden an.

Die Ausstattungsvariante „Night & Day“ unseres Testfahrzeugs stellt die Top-Version des Koleos dar. Dazu gehört unter anderem ein 1,50 Meter langes Glasdach, Zweizonen-Klimatisierung, Lederbestuhlung, Bordcomputer mit Navigationssystem sowie ein eigens auf den Innenraum des Koleos abgestimmtes Soundsystem vom Branchenführer Bose. In der von uns gefahrenen Variante kostet der Renault Koleos 34.490 Euro.

Renault hat die Vorteile der französisch-japanischen Allianz mit dem Partner Nissan zum Wohl dieses Fahrzeugs und damit auch seiner Käufer genutzt. Die Franzosen stellen Grundkonzeption, Design und die beiden Zweiliter-Common-Rail-Dieselmotoren mit Partikelfilter. Von der japanischen Seite kommen die Allradtechnik, der 2,5 Liter große Benzinmotor sowie die Gesamtleitung der technischen Entwicklung.

Text und Fotos: Jürgen C. Braun

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