Die „Ingolstädter“ holen zum dritten Versuch aus, die Dakar mit dem neuen Hybrid Antriebskonzept des Audi RS Q e-tron zu gewinnen. Man hat dort das wohl stärkste Fahrerteam für die nächste Dakar zusammen: Der 14-fache Dakar-Sieger Peterhansel, der 2-fache Wüstenmeister Sainz und, quasi als Youngster im Team, den Schweden Ekström. Diese Drei sind von Anfang an also für Audi im Hybrid-Renner unterwegs. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass dieses System aus Verbrenner zur Gewinnung der elektrischen Energie und Strom aus Akkus für den direkten Antrieb funktioniert. Die „Problemzonen“ lagen vielmehr bei den Reifen und Fahrwerkskomponenten. Zu nennen ist hier aber auch der „fahrerische Bereich“, Ekström hat sich bislang innerhalb des Fahrertrios ganz besonders profiliert. Allerdings: Ganz gleich, wie die anstehende Dakar ausgeht – danach werden die Ingolstädter Wüstenaktivitäten eingestellt, um Platz und finanzielle Mittel für Audis Formel 1-Engagement ab 2026 zu sichern. Schade – auch deshalb, weil Audi mit dem Engagement den ganz großen Schritt zu einer umweltschonenderen Dakar (mit) gegangen ist.
Immer stärkt sich, seit seinem Einstieg in die Rally-Raid-Szene, von Jahr zu Jahr ein britisch-khatarisches Team. Die in knallrot folierten BRX-Rennflundern sind mit einem 3,5 Liter Turbo-Benziner ausgestattet, der aus 6 Zylindern knapp 400 PS erwirtschaftet. Sébastien Loeb, neunfacher WRC-Rallye-Weltmeister, gilt als der Schnellste in der Szene und als „Materialfahrer“, dem quasi „nichts heilig sei“, einer, der stets höchstes sportliches Risiko eingeht. Bei BRX ist er zum Spitzenpiloten gereift und hat die letzten Dakar-Etappen 2023 durchweg souverän gewonnen. Er gilt als sehr ehrgeizig und fährt „voll auf Sieg“. Als echte Sensation darf gewertet werden, dass der fünfmalige Dakar Sieger Nasser Al-Attiyah (2011 auf VW Touareg, 2015 auf X-raid-MINI, 2019, 2022 und 2023 auf Toyota Hilux DKR) zu BRX gewechselt hat. Das Modell „Hunter“, das unter Firmenchef David Richards das „Laufen und Rennen gelernt“ hat, geht in punkto Zukunft mit einem Kraftstoff ins Rennen, der zu über 70 Prozent aus nicht-fossilen Anteilen besteht. Das Prodrive-Team um Richards stattet weitere zwei Teams aus Brasilien und noch drei Teams aus China mit dann insgesamt sieben solcher schnellen Flundern aus. Klare Ansage also an die bislang etablierten Teams: Aufpassen ist angesagt, wenn wir in eurem Rückspiegel auftauchen.
Aus Südafrika kommen die Seriensieger der letzten Jahre – hier ist das offizielle Toyota-Werksteam Gazoo angesiedelt ist. Nach dem Weggang von Al-Attiyah, übernimmt Altmeister Giniel de Villiers wieder das Zepter im Team, das auf fünf Fahrzeuge erweitert wurde: Junge, bereits erfolgreiche Fahrerteams sind nun integriert, der neueste Pickup Hilux DKR EVO 1+U wurde auf letzten Stand der Technik gebracht und dürfte nunmehr zu den Top-Favoriten zählen. De Villiers hat 20 Dakar-Starts hinter sich, und einen Sieg (VW-Touareg 2011). Er zeigt sich ehrgeizig genug, einen weiteren Sieg einzufahren, wird es aber gegen die Jüngeren im Team nicht eben einfach haben.
Soweit die Favoriten. Und wer „jagt“ sie nun? Yazeed Al-Rajhi zum Beispiel, der auf einem von Overdrive präparierten Toyota Hilux DKR Evo 1+ an den Start geht. Der Routinier, der schon so viele Rennen gewonnen hat, stets bester Laune ist (wovon auch so mancher „Streich auf dem Kerbholz“ zeugt) pilotiert einen äußerst zuverlässigen Pickup, ist stets „sau“schnell und fährt taktisch exzellent. Ihm fehlt eigentlich nur noch eine Dakar-Medaille aus Gold.
Unbedingt zu nennen ist Nani Roma nach seiner Zeit bei BRX beim wiedererwachten Ford-Motorsport-Team unter Vertrag. Er hat die Dakar auf Motorrad und Auto bereits gewonnen, zählt zu den Erfahrensten und hat ein richtig gutes Arbeitsgerät zur Verfügung, den neuen Ford Ranger Raptor Evo 1+ mit bärenstarkem V6- Triebwerk, das rund 400 PS leistet. Wenn es um die Top Ten geht, darf man auch den Tschechen Martin Prokop nicht vergessen, der als Privatier einen Ford Raptor des „Orlen Jipocar- Teams“ fährt, in etwas eigenwilliger Karosserie-Variante aus eigener Entwicklung. Prokop ist ebenfalls inzwischen sehr erfahren, fährt in jedem Terrain kraftvoll und klug und dennoch schnell. Ein gutes Dutzend Teilsponsoren erleichtern ihm seine sportliche Arbeit. Und was macht X-raid? Aus dem ehemaligen starken Siegerteam aus Trebur werden zwei – im Vergleich zu früheren X-raid-Zeiten – „magere“ Teams entsandt: Krysztof Holowczyc und Vaidotas Zala, die je einen Mini-Diesel pilotieren. Beide als Fahrer wirklich gut, aber, gegen die „Leistungsbolzen der Benziner“ wirken sie letztlich wie „Klassenfüller“. Viele weitere Privatfahrer, hochtalentiert und auf ausgezeichnetem Material, ergänzt das Gros der Jäger. Es wird also spannend sein, zu sehen, wie ab 5. Januar 2024 die „Privaten“ nach vorne kommen.
Text: Frank Nüssel
Fotos: Audi, Julien Delfosse/DPPI (BRX), Maciej Niechwiadowicz/Niechwiacowicz.com, Toyota