Auch wer eigentlich Vorfahrt hat, kann unter Umständen nach einem Unfall einen Teil des Schadens tragen müssen. Missachtet ein vorfahrtberechtigter Autofahrer eine rote Ampel und kollidiert auf der darauf folgenden Kreuzung mit einem Fahrzeug, das die Vorfahrt missachtet hat, so trägt er einen Teil der Schuld an dem Unfall. So entschied das Norderstedter Amtsgericht in seinem Urteil vom 6. Mai 2008 (AZ – 42 C 422/06), wie die Verkehrsrechtsanwälte des Deutschen Anwaltvereins (DAV) berichten.
Ein Autofahrer näherte sich auf einer vorfahrtberechtigten Straße einer Kreuzung. Kurz vor der Kreuzung missachtete er eine rote Fußgängerampel, die jedoch nur den Fußgängerverkehr an dieser Stelle regelte, nicht aber den Verkehr im Kreuzungsbereich. Nach Überqueren der roten Ampel fuhr der Fahrer mit seinem Pkw in die Kreuzung hinein, wo er mit einem einbiegenden Auto kollidierte. Der Fahrer dieses Wagens hatte das Vorfahrtsrecht des anderen Fahrzeugs missachtet.
Der Mann, dessen Fahrzeug vorfahrtberechtigt war, klagte auf Schadenersatz. Nach Abwägung, wie viel die Unfallgegner jeweils durch ihre Fahrweise zu dem Unfall beigetragen haben, kamen die Richter zu dem Ergebnis, dass die beiden beteiligten Parteien je 50 Prozent des Schadens zu tragen hätten. Auf der einen Seite habe der beklagte Fahrer gegen die Vorfahrtregeln verstoßen. Die Ampel auf der vorfahrtberechtigten Straße, die für die Fußgänger derselben Richtung grün gezeigt habe, habe keinerlei Geltung für ihn gehabt. Auf der anderen Seite habe jedoch der Rotlichtverstoß des Klägers die so genannte Betriebsgefahr seines Wagens – also die Gefahr, die der Betrieb eines Fahrzeugs immer mit sich bringt – erhöht. Er habe sich für die anderen Verkehrsteilnehmer im Kreuzungsbereich gefährlich verhalten.
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