Bis die ersten Elfer mit Vierradantrieb eingeführt wurden, sollte es noch acht Jahre dauern und auch das Turbo-Cabrio war Anfang der 1980er Zukunftsmusik, aber der serienreife 911 mit Stoffmütze als bügellose Alternative zum klassischen Targa revitalisierte schon im März 1982 beim Genfer Automobilsalon das damals brachliegende Feld des offenen Supersportlers. Als 911 SC („Super Carrera“) hielt er aus heutiger Sicht mediokre 150 kW/204 PS bereit, damals reichte diese Power dem leichtgewichtigen Sonnenflitzer für eine Vmax von 235 km/h und den Titel des weltweit schnellsten Cabriolets. Für dieses luftige Vergnügen verlangte Porsche 64.500 Mark, fast 20 Prozent Aufpreis gegenüber dem Coupé, aber die Nachfrage übertraf alle hoch gesteckten Erwartungen. Schließlich bot das 911 SC Cabrio viele technische Finessen.
Dazu zählten die feuerverzinkten Bleche und die einzigartige Sieben-Jahre-Garantie gegen die Gefahren der damals omnipräsenten braunen Pest ebenso wie der global effizienteste 3,0-Liter-Sechszylinder-Boxer und eine neuartige Verdeckkonstruktion, die sich auch auf der Autobahn in Bestform zeigte ohne hässliche Blähbeulen, wie etwa bei frühen VW Golf zu erleben. Porsche setzte für das Verdeck geprägte Stahlblechprofile ein, die gleichzeitig einen Überrollschutz gewährten. Nur die amerikanischen Porsche-Kunden waren noch nicht ganz zufrieden: Ähnlich wie beim Rolls-Royce Corniche schien ihnen eine kostspielige elektrische Verdeckbetätigung unverzichtbar, die deshalb ab 1985 zum Preis von rund 4.000 Mark auch für den 911 verfügbar war und mit der das Carrera Cabrio in Beverly Hills oder auf der Fifth Avenue zum Hingucker avancierte.
Tatsächlich ist die Liste der Reichen und Schönen, die sich im 911 Cabriolet sonnte, fast ebenso endlos wie die der Prominenten aus Sport und Showbusiness, die sich in das luftige Fahrgefühl des bis heute kontinuierlich aktualisierten Porsche verliebten. Ob Arnold Schwarzenegger, Fußball-Legende Diego Maradona, Steven Tyler von Aerosmith, Panik-Rocker Udo Lindenberg, Star-Geigerin Anne-Sophie Mutter oder Tennis-Diva Martina Navratilova, alle waren sie in dem ästhetischen Athleten made in Zuffenhausen zu sehen, der übrigens eine andere Klientel ansprach als komfortorientierte Roadster wie der Mercedes SL (R 107).
Schon im ersten vollen Verkaufsjahr bezog sich jede zweite 911-Bestellung auf die Frischluftfahrmaschine, die so dazu beitrug, dass Porsche ab Anfang der 1980er Jahre Rekordumsätze erzielte und der Elfer sein Image ewiger Jugend pflegte. Dabei ging der Erfolg des bügelfreien 911 vorläufig übrigens kaum zulasten des nach wie vor erhältlichen Targa. Zur rasanten Entwicklung der Absatzzahlen tragen nun natürlich auch permanent neue perfekteste und schnellste Elfer aller Elfer bei, denn die Konkurrenz schläft nie. Porsche hatte die Supercar-Produzenten in Italien, England und USA mit seinem ersten 911 Cabriolet aus dem Dornröschenschlaf geweckt und spendierte seinem Sonnenkönig nun beständige Kraftspitzen. Schon zum Modelljahr 1984 gab es einen stärkeren und größeren 3,2-Liter-Motor und eine optional bestellbare Turbooptik. Ab 1986 war dann auch der adäquate Turbomotor im schnellsten deutschen Frischluftracer zu haben. Damit nicht genug. Die Freude an der wiederentdeckten Freiheit unter Sonnenhimmel oder Sternenzelt war passend zum Fall des Eisernen Vorhangs zwischen Ost- und Westeuropa grenzenlos geworden und wenn 1989 Mazda mit dem MX-5 die Wiederauferstehung des bezahlbaren Roadsters einleitete, hatte Porsche schon zwei Jahre zuvor die Idee des Speedsters aus den Golden Fifties in die Gegenwart geführt. Zunächst debütierte der 911 Speedster als Concept – und wie zuvor beim Cabrio konnten die Fans den Serienstart kaum abwarten.
Ebenfalls 1989 präsentierte Porsche Germany‘s next topless Topmodel: Beim 911 des Typs 964 kamen erstmals Helfer wie Allradantrieb zum Einsatz, vor allem aber ein neu entwickelter 3,6-Liter-Boxer-Motor mit Leistungswerten ab 184 kW/250 PS. Vier Jahre dauerte es, dann galt wieder der Porsche-Werbespruch: „Über sich den Himmel, vor sich die Straße, unter sich den Speedster. Was wollen Sie mehr?“ Die Kundschaft wollte dennoch mehr und erhielt 1994 das Cabrio der Baureihe 993 mit auffälligen Kotflügelverbreiterungen, flachen Scheinwerfern und einer kräftigen Leistungsspritze. Offenheit für eine Open-Air-Motorisierung anderer Art forderte das 1998 lancierte 2+2-sitzige Cabrio der Baureihe 996, denn nun wurden die klassischen Boxermotoren auf Wasserkühlung umgestellt.
Die Puristen stöhnten kurz, aber Porsche startete mit dieser Elfer-Generation zu einem neuen Höhenflug und das seit 2001 auch in China. Hinzu kamen Sicherheitsfeatures wie optionaler Allradantrieb und automatisch ausfahrende Überrollbügel. Im Jahr 2005 war es dann Zeit für die Baureihe 997. Rund zehn Grundtypen umfasste die Cabrio-Modellpalette nun, die vom Carrera über Sondermodelle bis zum Turbo S reichte, und auch einen Speedster als Hommage an die Heckmotoren-Ikonen der 1950er gab es wieder. Die Sechszylinder-Boxer wurden auf effiziente Direkteinspritzung umgestellt und mit bis 390 kW/530 PS erreichte der Turbo S einen frischen Leistungszenit. Mit der Baureihe 991 verabschiedeten sich 2015 die Saugmotoren, seitdem sind Turbo-Triebwerke Standard – heute mit maximal 478 kW/650 PS in der 2020 aufgelegten Topmotorisierung der aktuellen Generation 992. Was künftig kommt, ein batterieelektrischer 911? Die Zukunft wird es zeigen. Fest steht nur: Der offene Porsche ist seit jeher nachhaltiger als andere, denn zum Autoverwerter kommt fast kein Elfer.
Fotos: Porsche AG (Unternehmensarchiv)